Einfach ohne Termin den Piks gegen Corona im Robert-Bosch-Krankenhaus abholen, das kam bei vielen Menschen an. Jugendliche waren in der rund 300 Meter langen Schlange selten zu sehen. Ein Großteil kam auf den Burgholzhof zur Zweitimpfung.

Digital Desk: Lotta Wellnitz (loz)

Stuttgart - Man könnte meinen, es gäbe etwas umsonst. So viele Menschen standen am Donnerstagmorgen in der Schlange vor dem Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK). Und genau genommen gab es auch sozusagen was umsonst im Impfzentrum auf dem Burgholzhof: einen Piks gegen Corona – ohne Termin.

 

Während die Sicherheitsleute noch die ankommenden Autos koordinieren und in die zwei Parkhäuser lotsen, wartet Heidi Kuntz mit ihrem Vater in der Schlange. Hier steht sie schon seit über einer Stunde. Die Schülerin ist 15 Jahre alt und will geimpft werden, „weil die Nachwirkungen einer Infektion schlimm sind“, sagt sie. Damit ist sie heute wahrscheinlich die jüngste Impfwillige, die dem kurzfristigen Aufruf des Impfzentrums gefolgt ist.

Jugendliche findet man in der rund 300 Meter langen Schlange aber selten. Hauptsächlich sind ältere Menschen gekommen, die sich ihre Zweitimpfung abholen wollen. Das bestätigt Mark Dominik Alscher, der medizinischer Geschäftsführer des RBK. Etwa zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger seien deswegen gekommen, sagt Alscher, nur ein Drittel wegen der Erstimpfung. Letztere konnten dann nach dem Piks auch gleich vor Ort den Zweittermin auszumachen.

Die meisten Leute kamen zur Zweitimpfung

Die meisten der Impflinge sind spontan zum Krankenhaus gekommen. Sie wollen direkt geimpft werden, nehmen deshalb auch Wartezeiten von bis zu drei Stunden in Kauf. Angebote des Impfzentrums, direkt einen verbindlichen Alternativtermin auszumachen, lehnen sie dankend ab. Viele haben im Radio oder in der Zeitung von dem Sonderimpftag erfahren.

So wie Christel Marx aus Filderstadt. Sie hat zuerst den Impfstoff von Astrazeneca bekommen, jetzt freut sie sich auf das mRNA-Vakzin von Biontech oder Moderna. Das wird am Robert-Bosch-Krankenhaus vier Wochen nach der Erstimpfung mit Astrazeneca verabreicht. Diese Kombination wird von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlen. Sie bietet nachweislich den besten Schutz vor der Delta-Variante des Virus. Für Marx ist das „ein schöner Nebeneffekt“. So sieht das auch Anette Brehm aus Weilimdorf. Sie hat ebenfalls schon eine Impfung mit Astrazeneca bekommen und hätte ihren zweiten Termin erst in einigen Wochen gehabt. Dass sie jetzt schon früher drankommt, freut sie sehr. So ist sie dann schließlich „auch früher geschützt“.

Die Parkplätze waren knapp

Genau das ist einer der Hauptgründe, weswegen die Menschen an diesem Tag zum Impfzentrum des RBK strömen. Viele haben wieder einen Urlaub gebucht und wollen diesen auch wahrnehmen. Da ist es am besten, wenn sie vor der Abreise vollständig geimpft sind. Das weiß auch Mark Dominik Alscher. Für ihn sind die bisher langen Impfintervalle ein Grund, weswegen Termine in der Vergangenheit immer wieder abgesagt oder gar nicht erst wahrgenommen wurden. Deswegen sieht der Klinikchef den Sonderimpftag auch als „Modellprojekt“. Auf die Frage, warum andere Impfzentren so etwas nicht auch machten, entgegnet er, diese befürchteten vielleicht einen etwas chaotischen Ablauf eines solchen Sonderimpftags .

Auch der medizinische Geschäftsführer hatte eine große Nachfrage erwartet an diesem Tag, dass dann aber so viele Interessierte kamen, hat ihn dann „doch etwas überrascht“. Trotz des großen Zuspruchs war am RBK aber alles unter Kontrolle. Einzig die Parksituation war angespannt. Es gab zu wenige Parkplätze für zu viele Autos. „Die Organisation vor Ort hat gut geklappt“, findet zum Beispiel Martin Maurer. Er war einer der wenigen, die schon einen festen Zweittermin gebucht hatte – und dazu, auf eigenen Wunsch, ein zweites Mal den Wirkstoff von Astrazeneca bekam.

Jugendliche kamen nur wenige

Dieser machte am Donnerstag nur einen kleinen Teil der verabreichten Dosen aus. Rund 80 Prozent waren mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna, sagt Mark Dominik Alscher. Pro Stunde konnte das Team bei rund 200 Impflingen den Piks setzen. Da man um sieben Uhr morgens angefangen und bis 20 Uhr geimpft hat, wurden 2500 bis 3000 Dosen verbraucht. Damit gehe man „in den Bestand“, so Alscher. Nach diesem Tag werde man nun alles analysieren und ein Fazit ziehen. Aktionen wie diese könnten eine Möglichkeit sein, das Impfen attraktiver zu machen, findet der Klinikchef.

Vielleicht kommen dann auch mehr junge Menschen wie Heidi Kuntz. Die leidet nämlich an Asthma und bekam trotzdem nirgends einen Termin – bis jetzt.