Mia Beck beschloss 2018, ihr Haar einmal zugunsten von Perücken für kranke Kinder zu spenden. Knapp fünf Jahre kein Haarschnitt – da kommt einiges zusammen. Jetzt war sie in Kornwestheim beim Friseur.

Ludwigsburg: Andreas Hennings (hen)

Viereinhalb Jahre sind vergangen, seit die damals achtjährige Luana aus Ludwigsburg beim dortigen Citylauf während der Siegerehrung auf der Bühne von einem Friseur ihre Haare abschneiden ließ. Aus einem bestimmten Grund: Drei Jahre zuvor hatte sie nach einem Fernsehbericht den Entschluss gefasst, ihre Haare für einen guten Zweck zu spenden: für Perücken für krebskranke Kinder. Da beim Citylauf die Urmel Kinder-Krebshilfe vertreten war, erwies der sich als die passende Gelegenheit. Eine Gelegenheit, der sich Luanas Schwester Leonie und Freundin Maia anschlossen und ihre Haare ebenfalls spendeten.

 

Beim Ludwigsburger Citylauf entstand die Idee

Die Aktion hatte damals Mia Beck aus Kornwestheim mitbekommen. Die inzwischen 37-Jährige trägt ihr Haar schon immer gerne lang, ließ es sich normalerweise alle Vierteljahr kürzen. Doch nach der Spendenaktion beim Citylauf änderte sich das. „Ich dachte mir, wenn ein kleines Mädchen das kann, dann sollte ich das auch machen. Bevor ich die Haare immer wieder einfach schneiden lasse, kann ich sie doch gleich spenden“, dachte sie sich. Sie beschloss, nur hin und wieder die Spitzen schneiden, die Haare sonst aber wachsen zu lassen.

Bis zum Freitag dieser Woche. Da war es für sie so weit: Viereinhalb Jahre nach dem Citylauf stand ihre Haarspende an. Dass sie die Haarpracht derart lange hat wachsen lassen, war auch der Pandemie geschuldet. Eigentlich hatte sie Ostern 2020 zum Friseur gehen wollen. Doch das war nicht möglich. Und eilig hatte sie es danach auch nicht. Die Haare wurden länger und länger. Beim Betreten des Salons am Freitag in Kornwestheim reichten sie zur Hüfte.

Dann, der Moment. Mia Beck hält sich die flachen Hände vor Mund und Nase, atmet tief durch. Wirkt ein wenig ungläubig, dass es jetzt wirklich passiert. „Mit der Schere würde ich da kaum durchkommen“, sagt derweil der Ladeninhaber Angelo Parrilla. Er greift stattdessen zur Haarschneidemaschine. Den Zopf durch Haargummis fixiert, geht es los. Nach einer guten Minute, während der Mia Beck lächelt, ist der sorgfältige Schnitt erfolgt. Ein Haarbündel von 55 Zentimetern bekommt sie überreicht, 150 Gramm schwer. „Es fühlt sich total ungewohnt an“, sagt sie mit Blick in den Spiegel. Ihre Haare sind nur noch schulterlang. So kurz seien sie zuletzt vor zehn Jahren gewesen.

Das Haar geht an eine Zweithaarmanufaktur

Das Bündel Haare fixierte sie nach dem Friseurtermin mit einer Pappe, packte es in eine Tüte und schickte es per Post an die Zweithaarmanufaktur Rieswick in Nordrhein-Westfalen, die mit der Webseite www.haare-spenden.de verbunden ist. „Dort werden die Haare gereinigt und aufgearbeitet, bevor sie zur Perücke verarbeitet werden“, brachte die 37-Jährige in Erfahrung. 40 Zentimeter muss das Haar lang sein, bei anderen Anbietern würden 20 reichen. Die Echthaar-Perücken, die gefertigt werden, sind für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre gedacht – zuzahlungsfrei. Normal würde der Preis im vierstelligen Bereich liegen. Gerade im Krankheitsfall ist das für viele Familien nicht stemmbar.

„Ich habe überlegt, wie mir es gehen würde, wenn ich bei einer sowieso schweren Krankheit noch die Haare verlieren würde. Mich versucht einzufühlen“, sagt die Kornwestheimerin zu ihrer Motivation. Sie hofft den Menschen, die eine Perücke benötigen, zumindest ein gutes Gefühl geben zu können. „Und diese Spende ist ja wirklich einfach und schmerzfrei.“ Zumal ihr Haar „glücklicherweise“ vergleichsweise schnell wachsen würde.

Schade findet Mia Beck, dass das Thema Haarspende sonst eher unbekannt ist, obwohl es für die Betroffenen so viel Positives bewirkt. Auch für Friseur Angelo Parrilla kommt solch ein Besuch selten vor. „Seit 2008 ist es die zweite Spende hier“, erklärt er. Entsprechend hofft Beck, dass viele Menschen ihrem Beispiel folgen werden – so wie sie seit 2018 dem Beispiel der kleinen Luana.