Die Wanderbaumallee fand viel Unterstützung unter Bezirksbeiräten. Anwohner äußern sich aber auch kritisch über die Aktion. Sie zieht vom Westen nun um in den Bezirk Mitte.

S-Mitte - Bäume gehören in den Boden eingepflanzt, nicht durch die Gegend geschoben, findet die Anwohnerin Dagmar Ehle. Sie wohnt an der Senefelderstraße und ärgert sich über das Projekt Wanderbaumallee. Bei der Aktion ändern zehn Bäume seit Mitte Mai in beweglichen Beeten ihren Standort an verschiedenen Straßen im Stuttgarter Westen. Von kommender Woche an werden die Bäume dann an der Moserstraße aufgestellt. Der Bezirk Mitte beherbergt für einige Zeit die Wanderbaumallee.

 

Ehle wird den Bäumen, darunter ein Zierapfel und ein Maulbeerbaum, keine Träne nachweinen. Sie kritisiert, dass die Anwohner nicht gefragt worden sind, ob sie für das Anwohnerparken reservierte Stellplätze für die Aktion hergeben wollen. „Ich habe eine Garage, aber andere brauchen den Parkplatz vor ihrer Tür“, meint sie. Sie habe beobachtet, dass Anwohner abends von der Arbeit nach Hause kommen und dann erst einige Runden drehen müssen, bis sie irgendwo einen freien Stellplatz finden, sagt sie. „Ich finde, mit so etwas greift man die Leute an“, meint Ehle. Die Anwohnerin bezweifelt auch, dass viele die als Sitzgelegenheiten gestalteten Pflanztröge zum Verweilen nutzen „Wer sitzt schon gerne an der Straße, auf der die Autos zentimeterbreit entfernt vorbeifahren?“, meint sie. Sie kritisiert die Aktion als Symbol gegen den Autoverkehr. „Wir haben nun mal Autos und die Straßen wurden für Autos gebaut“, findet sie. Dass Autofahrer nun alternative Stellplätze suchten, trage auch nicht zu mehr Klimaschutz bei, moniert die Anwohnerin. Dagmar Ehle ist mit ihrer Kritik nicht alleine. Auch auf dem sozialen Netzwerken Faceboook äußerten User ähnliche Einwände wie die Anwohnerin.

Verwaltung genehmigte Aktion

Träger der Wanderbaumallee ist der Verein Casa Schützenplatz aus dem Bezirk Mitte. Hanka Griebenow gehört zu den Initiatorinnen. Sie betont, dass die Initiative Kritik der Anwohner ernst nehme. „Wir haben bei der Stadt nachgefragt, wie viele Beschwerden es bisher gegeben hat. Sie sprach von bisher zwei“, sagt Griebenow. Die von der Verwaltung genehmigte und von Bezirksbeiräten unterstützte Aktion besetze Anwohnerstellplätze aber nur temporär, betont Griebenow. Denn wie der Name der Aktion nahelege, seien die Baumbeete auf Wanderschaft durch die Bezirke, erklärt sie. Die Stadt hat der Initiative eine Ausnahmegenehmigung erteilt, unter der Bedingung, dass eine begrenzte Anzahl von Parkplätzen vorübergehend durch Pflanzentröge besetzt werden. Anwohnerinteressen würden deshalb kaum tangiert, befindet die Stadt.

Griebenow gibt zu, dass die Aktion symbolisch gemeint ist. „Wir wollten zeigen, dass der öffentliche Raum auch anders genutzt werden kann als für Autos“, sagt sie. „Eine vorherige Befragung der Anwohner hätte schon unsere Möglichkeiten als Ehrenamtliche überstiegen“, sagt sie. Sie räumt ein, dass die Initiative auf einen Lerneffekt abzielt. „Wir haben auch nicht vorher gefragt, weil wir sicher sind, dass die Menschen das erleben müssen“, sagt sie. Der Vorwurf, damit belehren zu wollen, scheint Griebenow wenig zu beeindrucken. Nichtmotorisierte bildeten in Großstädten mittlerweile die Mehrheit. „Und ich fühle mich auch bevormundet von dem Status quo, der den ganzen öffentlichen Raum den Autofahrern überlässt“, sagt sie.