Die kanadische Organisation „Students on Ice“ bringt junge Menschen in die polaren Regionen – für die Teilnehmer ein unvergessliches Erlebnis. Stipendien helfen bei der Finanzierung.
Stuttgart - Langsam nähert sich das Schiff dem antarktischen Eis. Vorsichtig legt es am Rand des Eisschelfs an. Für die Jugendlichen an Bord ist der große Moment gekommen. Erstmals setzen sie ihren Fuß auf das Eis der Antarktis. Julian Jenneskens-Pohl denkt mit Begeisterung an diesen Augenblick zurück. „Das Gewaltigste und was es vermutlich sonst nirgendwo auf der Welt gibt, ist die brillante Stille der Antarktis“, erinnert er sich. „Mir wurde bewusst, wie facettenreich Mutter Erde ist und welch wundervolle Landschaften einen Kontinent wie die Antarktis prägen.“
Im Januar 2012 war der jetzt 19-jährige Julian Jenneskens-Pohl, damals Schüler an der Internationalen Schule in Frankfurt, heute Student an der Frankfurt School of Finance and Management, mit der Organisation „Students on Ice“ (Schüler/Studenten auf Eis) in die Antarktis gekommen. Was er auf dieser zweiwöchigen Reise erlebte, faszinierte ihn so sehr, dass er ein halbes Jahr später mit Students on Ice in die Arktis reiste. Die prägendsten Erlebnisse dieser Reise waren die Begegnungen mit den Menschen dort. „Ich werde nie vergessen, wie herzlich uns die Inuit empfangen haben. Sie hatten ein riesiges traditionelles Fest für uns vorbereitet.“ Dies war für mich der gewaltigste Eindruck aus der Arktis.“
Geoff Green ist der „Vater“ von Students on Ice
Der Kanadier Geoff Green hatte es sich vor 15 Jahren zur Aufgabe gemacht, junge Menschen die eisigen Regionen der Welt zu zeigen. Mit seiner Organisation Students on Ice bringt er jährlich annähernd 200 junge Menschen in die Nord- und Südpolarregion: „Sie sollen erfahren, dass der Schutz der Pole zugleich Schutz des Planeten bedeutet“, beschreibt Green die wichtigste Motivation.
Der 47-Jährige war zunächst Lehrer an einer Schule in der kanadischen Provinz Ontario, verbrachte dann aber mehr und mehr Zeit damit, als Reise- und Expeditionsleiter Touristen, Abenteurer, Filmcrews und Forscher in Arktis und Antarktis zu bringen. Als er erstmals die Polarreisen für Jugendliche anbot, ging er ein persönliches finanzielles Risiko ein. „Ich habe sieben Kreditkarten bis zum Maximum ausgeschöpft und 50 junge Kanadier in die Antarktis und dann in die Arktis gebracht“, erinnert er sich. Mittlerweile ist Students on Ice eine etablierte Organisation, die seit dem Jahr 2000 mehr als 2500 Schüler und Studenten aus 52 Ländern in die Polargebiete gebracht hat.
Vielfältige finanzielle Unterstützung
„Anfangs ging es vor allem um Eisbären und Pinguine. Aber jetzt sind auch Politik, Geschichte, Kunst, Musik und nachhaltige ökonomische Entwicklung wichtige Themen“, sagt Green. „So wie sich die Arktis verändert, so ändert sich auch Students on Ice.“ An Bord sind Biologen, Paläontologen, Ozeanografen, Historiker, Künstler, Vertreter von Umweltorganisationen, Politikwissenschaftler und regionale Politiker.
Die Jugendlichen untersuchen Wasser und Eis, fahren mit Zodiaks an Eisberge heran, beobachten Wale und Robben, oder sitzen abseits der Gruppe in der Stille und beobachten die Natur. „Students on Ice ist ein einzigartiges schwimmendes Klassenzimmer im Eis“, sagt John Crump vom GRID-Arendal Polar Centre in Ottawa, der als Arktisexperte mehrere Reisen mitgemacht hat.
Die Reisen von Ottawa aus zum Ausgangspunkt der Expedition und die Tage auf den eisgängigen Schiffen kosten rund 10 000 Dollar für die Arktis und 14 000 für die Antarktis. Green ist froh, dass Dutzende Organisation, Unternehmen und Regierungen das Projekt finanziell unterstützen. „85 Prozent der Schüler werden gesponsert“, sagt er. Und er betont, dass es schön wäre, mehr junge Menschen aus Europa für diese Reisen zu gewinnen.