Gruselige Gestalten haben am Dienstagabend in der Stuttgarter Innenstadt für Aufsehen gesorgt. Dabei handelte es sich um Mitglieder der Tierrechtsorganisation Peta – den Ort für ihre Aktion hatten sie mit Absicht gewählt.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Stuttgart - Schockierende Bilder, markante Verkleidungen und viel Kunstblut: Peta ist für aufsehenerregende Aktionen bekannt. Unterstützer der Tierrechtsorganisation haben am Dienstagabend in der Stuttgarter Innenstadt protestiert.

 

Aktivisten in Sensenmannkostümen postieren sich am Dienstagabend vor der Bogner-Filiale in der Königstraße und setzen damit ein Zeichen gegen den Kauf von Kleidung mit Fellbesatz.

Mit blutigen Pelzen und gehäuteten Tieren ziehen die Teilnehmer der Aktion die Aufmerksamkeit der Stuttgarter Passanten auf sich. Viele Leute sind sehr interessiert – das hat zumindest Frank Schmidt, Senior Fachreferent für Tiere in der Bekleidungsindustrie bei Peta, beobachtet. Ziel der Aktion sei es, die Menschen zu sensibilisieren und aufzuklären, sagt er. „Wenn man Leute, die einen Pelzkragen tragen, darauf anspricht, zeigen sich manche von ihnen überrascht.“

Echt- und Kunstpelz sind schwer zu unterscheiden

Tatsächlich sei es nicht so einfach, echten Pelz von Kunstpelz zu unterscheiden. „Echter Pelz hat Deckhaare und eine Art Unterwolle, die feiner ist. Im Wind bewegt er sich entsprechend anders als Kunstpelz, der steifer ist“, beschreibt Schmidt eines der Unterscheidungskritierien. Aber: „Zu 100 Prozent identifizierbar ist Pelz nur im Labor.“ Schmidt rät daher, das Kleidungsstück im Zweifel lieber liegen zu lassen und auf Alternativen wie etwa Teddyfell umzusteigen.

Denn für Pelzkleidung leben Wildtiere laut Peta mitunter monatelang in viel zu kleinen Drahtkäfigen, reagierten darauf mit Verhaltensstörungen und sogar mit Kannibalismus. „Am häufigsten leiden Nerze, Füchse und Marderhunde auf den Pelzfarmen. Doch auch Chinchillas, Kaninchen, Hunde und Katzen werden für ihr Fell getötet. Bei der Jagd nach Pelz verbluten viele angeschossene Wildtiere oder werden durch Fallen verstümmelt. Allein in Deutschland existieren noch sechs Nerzfarmen“, teilt die Organisation anlässlich der Protestaktion mit.

Verwendung von Pelz hat Tradition

„Viele große Modeketten haben sich inzwischen verpflichtet, auf Echtpelz zu verzichten“, erklärt Frank Schmidt. Bogner sei einer der letzten großen Hersteller, die ihn noch anbieten. Deshalb findet die Peta-Aktion in Stuttgart auch vor einem Geschäft dieses Modeunternehmens statt. „Wir wollen damit Druck auf das Unternehmen ausüben“, so Schmidt.

Bogner bestätigt, Echtpelz zu verwenden – allerdings „ausschließlich als Design-Element oder als Accessoire.“ Die Verwendung von Pelz habe im Unternehmen Tradition. „Selbstverständlich halten wir die national sowie international geltenden Gesetze, Verordnungen und Richtlinien vorbehaltlos ein. Unsere Echtpelz-Verbrämungen sind abknüpfbar, um jedem Kunden die Freiheit gewährleisten zu können, selbst zu entscheiden“, teilt eine Pressesprecherin mit. Über die Art und Herkunft der Pelze würden die Kunden durch ein Etikett im Kleidungsstück informiert.

„Wer Echtpelz anbietet, macht Profit auf Kosten der Tiere“, kritisiert indes Frank Schmidt. „Über 74 Millionen Tiere sterben pro Jahr weltweit qualvoll für Pelz. Füchse werden mit analem Elektroschock getötet und häufig lebendig gehäutet, Nerze schmerzvoll vergast“, sagt Sebastian Szogs, Aktionskoordinator bei Peta.

Falsch deklariert

Bogner wiederum betont, seit Jahrzehnten mit nur zwei zertifizierten Pelzhändlern zusammenzuarbeiten: „Die häufigste Pelzart in unserem Sortiment ist der Finnraccoon, der von unseren beiden Pelzhändlern aus Finnland bezogen und auf der Auktion in Helsinki erworben wird. Alle derzeit für Bogner erworbenen Pelze sind „OA” (Origin Assured – aus gesicherter Herkunft) zertifiziert und mit dem OA-Label gekennzeichnet. Diese Richtlinie werden wir auch künftig mit Nachdruck weiterverfolgen“, erklärt die Sprecherin. Zur Frage, ob das Unternehmen langfristig auf Echtpelz verzichten wird, kann sie derzeit nichts Konkretes sagen.

„Pelz ist ein Luxusgut, das heute niemand mehr braucht“, sagt Frank Schmidt und verweist auf Umfragen, nach denen sich knapp drei Viertel der Menschen in Deutschland gegen das Tragen von Pelz aussprechen.

Allerdings habe eine Studie der Stiftung Warentest 2016 ergeben, dass Kleidungsstücke mit Pelz vielfach falsch oder gar nicht als solche deklariert seien. Denn die Preise von Kunst- und Echtpelz unterscheiden sich Schmidt zufolge kaum noch. Insofern könne es mitunter passieren, dass selbst Händler, die keinen Echtpelz verkaufen möchten, getäuscht werden – und dann landet doch ein Stück echter Pelz an der Jacke.