Menschen, die zu Hause genügend Platz haben, bieten bei der Aktion „WG hilft“ Studenten aufgrund der Wohnungsnot eine Unterkunft an. Das ist offenbar bereichernd für beide Seiten, wie Leute erzählen, die es ausprobiert haben.

Hohenheim - Ihr gemeinsames Abendessen ist Barbara Hellwig und Rodrigo Beltrame besonders im Gedächtnis geblieben. „Das war ein sehr lustiger Abend, da ging es von Portugiesisch über Englisch bis Deutsch“, sagt Hellwig und lacht. Die 57-Jährige arbeitet an der Uni Hohenheim, Rodrigo Beltrame macht dort zurzeit seinen Master. Was die beiden verbindet: Der Student hat im vergangenen Oktober eine Woche bei Familie Hellwig gewohnt.

 

Das Projekt „WG hilft“ des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) soll Studenten vor allem zu Semesterbeginn helfen. Wer noch keine Wohnung und kein WG-Zimmer gefunden hat, kommt für die Übergangszeit bei jemandem unter, der einen freien Schlafplatz hat – ohne dafür Miete zu bezahlen. Rodrigo Beltrame sagt, er habe seinen Studienplatz damals so kurzfristig bekommen, dass keine Zeit geblieben sei, eine Unterkunft in Stuttgart zu suchen. Die ersten Tage habe er in einem Hostel verbracht. „Ich habe mich dann an den Asta gewandt und von dort Barbaras E-Mail-Adresse bekommen“, erinnert sich der 37-Jährige.

Begegnungen in Corona-Zeiten

Barbara Hellwig hatte zuvor ihr Haus für „WG hilft“ zur Verfügung gestellt. Die Situation war damals eine Besondere: „Wir leben hier in Vaihingen seit 18 Jahren zur Miete und wollen unser Haus schon lange kaufen“, sagt Hellwig. Das sei aber nicht möglich. Die Familie hätte dann das Haus nebenan gekauft, als die Bewohnerin in ein Pflegeheim gezogen sei. „Wir wollten aber nicht sofort mit der Renovierung anfangen“, sagt Hellwig. Deshalb habe sie es erst noch für „WG hilft“ angeboten.

So hätten sie und Rodrigo Beltrame sich gefunden. „Er konnte nicht nur hier wohnen, wir haben ihm auch gesagt, dass er sich jederzeit an uns wenden kann“, erzählt Hellwig. Sie bezeichnet die Zeit als „schöne Begegnung, die wir in diesen traurigen Corona-Zeiten vermutlich lange nicht mehr haben“. Sie selbst könnte für den nächsten Semesterstart sowieso keine Schlafplätze mehr anbieten – mittlerweile läuft die Renovierung des neuen Hauses, in das sie mit ihrem Mann und zwei von vier Kindern einziehen wird. „Zurzeit ist das nicht bewohnbar“, sagt sie.

Studenten Einstieg ins Studium erleichtern

Seit zwölf Jahren arbeitet Barbara Hellwig als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für angewandte Mathematik und Statistik. Sie beschäftigt sich seit sechs Jahren damit, wie man Studenten den Einstieg ins Studium erleichtern kann – dabei geht es zwar um die richtige Vorbereitung auf mathematische Fächer, eine kleine Parallele sieht sie aber zu „WG hilft“. „Rodrigo hat ganz schnell Deutsch gelernt“, sagt sie, „das liegt natürlich nicht nur an uns, aber einen kleinen Teil haben wir da wahrscheinlich schon ausgemacht“.

Für Rodrigo Beltrame war die Zeit bei den Hellwigs eine wichtige Erfahrung. „Man kommt in ein fremdes Land und versteht die Sprache nicht, das ist nicht einfach“, sagt er, „aber ich bin so herzlich aufgenommen worden, alle waren nett zu mir“. Mittlerweile wohnt der 37-Jährige in Plieningen. Bis er seinen Masterabschluss hat, dauert es noch ein Jahr. Der Plan war eigentlich, danach zurück nach Brasilien auf seinen Bauernhof zu gehen. Nun lebt er aber ziemlich gerne in Stuttgart. „Vielleicht bleibe ich doch noch länger“, sagt Beltrame.

Kontakt:

Wer in seiner Wohnung oder WG Platz hat oder eine Zwischenunterkunft in Stuttgart sucht, kann sich bei der Uni melden unter: https://vs.uni-hohenheim.de/wghilft.