Künstler aus ganz Deutschland haben ihre Arbeiten zusammengefaltet und schufen eine Papier-Regatta, um die Not jener Flüchtlinge zu lindern, die sich in Nussschalen auf den Weg nach Europa machen.

Stuttgart - Gemeinhin würde es wohl als Frevel angesehen, ein Papierschiffchen aus einer Radierung oder einem Aquarell zu basteln. Für die Aktion „Kunstschiffchen“ wurden 360 Werke eigens zu diesem Zweck geschaffen. Künstler aus ganz Deutschland falteten ihre Arbeiten zusammen und schufen so eine Papier-Regatta, um die Not jener Flüchtlinge zu lindern, die sich in Nussschalen auf den Weg nach Europa machen. Der Erlös aus dem Verkauf der Boote geht an Sea-Watch, einer Initiative zur Seenotrettung zwischen der libyschen Küste und Lampedusa.

 

Auch Asylpfarrer Joachim Schlecht ersteht ein Exemplar

„Die Idee habe ich von zwei Künstlern aus Nordrhein-Westfalen übernommen, die diese Aktion im vergangenen Jahr durchgeführt haben“, sagt Sabine Waldmann-Brun, die das Projekt gemeinsam mit dem Stuttgarter Arbeitskreis Asyl initiiert hat. „Ich war dann selbst ein wenig überrascht, wie viele Kunstschaffende sofort bereit waren, sich zu beteiligen.“

Die Ärztin hat ebenfalls mehrere Exponate beigesteuert, darunter ein Boot aus Draht und Butterbrotpapier. Es befindet sich nun ebenso wie 81 weitere Schiffe in Privatbesitz. Der Verkaufsabend im Bischof-Moser-Haus war ein voller Erfolg. „Es war schön zu sehen, wie viel Freude die Gäste an der Vielfalt der eingereichten Arbeiten hatten“, sagt Waldmann-Brun. Sie ergänzt: „Es war für jeden etwas dabei.“ Hanne und Peter Lesky haben gleich drei der Kunstwerke erstanden. Schon wegen des guten Zwecks hatten sie fest vorgehabt, ein Schiff mit nach Hause zu nehmen. Der ästhetische Reiz spielte aber ebenfalls eine Rolle, auch der Überraschungseffekt. Schließlich weiß man ja nicht so genau, was einen erwartet, wenn sich das Boot zu Hause entfaltet. Asylpfarrer Joachim Schlecht muss sich darüber keine Gedanken machen. Er hat sich für einen Kahn entschieden, auf dem in arabischen Schriftzeichen „Frieden“ und „Freiheit“ steht. Die schemenhaft angedeuteten Passagiere im Inneren wirken von der hohen Reling geschützt. In Schlechts Büro soll das Exponat künftig ein positives Signal an all jene sein, die von bösen Erinnerungen an die eigene Überfahrt geplagt werden.

Insgesamt 1750 Euro haben die Kunstschiffe eingebracht. „Damit lässt sich schon etwas anfangen“, sagt Sabine Waldmann-Brun. Sie ergänzt: „Noch viel schöner wäre es freilich, wenn man keine Schiffe mehr brauchte, weil es sichere Wege gäbe, auf denen die Flüchtenden keinen Schaden nehmen würden.“