Die EU bremst die Wolfsburger aus. VW muss neue Kandidaten für den Aufsichtsrat des Lastwagenbauers MAN präsentieren.
Stuttgart - Nichts schien den in Personalunion bei VW und MAN jeweils als Oberaufseher agierenden Ferdinand Piëch aufhalten zu können. Obwohl sein Wolfsburger Konzern nicht einmal ein Drittel der MAN-Aktien hält, wollte er drei weitere VW-Vorstände ins Aufsichtsgremium des Münchner Konzerns schicken und aller Kritik von protestierenden Mitaktionären zum Trotz dort endgültig die Macht übernehmen. Mit leiser Stimme und emotionslos verkündete Piëch dann zu Beginn der Hauptversammlung völlig überraschend einen Rückzieher. Die Brüsseler EU habe "aus kartellrechtlichen Überlegungen Hinweise geäußert", hieß es verklausuliert. Nun kandidiere ein anderes Trio für den MAN-Aufsichtsrat, das Volkswagen dort auf der Kapitalseite aber keine Mehrheit mehr sichert.
Auf ihren neuen Posten kurzfristig verzichten mussten prominente Manager - VW-Vorstandschef Martin Winterkorn und seine Vorstandskollegen Hans Dieter Pötsch sowie Jochem Heizmann. Alle drei sitzen bereits im Aufsichtsrat des von VW kontrollierten MAN-Konkurrenten Scania, mit dem die Münchner über kurz oder lang verschmolzen werden sollen. Sie sollten nach Piëchs Willen aber parallel dazu auch MAN kontrollieren, bevor überhaupt eine fusionskontrollrechtliche Genehmigung der EU-Kommission zur Lastwagenehe vorliegt. Der 74-jährige Piëch wollte bereits vorauseilend Fakten schaffen, was allerdings nicht nur der EU ein Dorn im Auge war.
Warten auf grünes Licht von der EU
Fondsmanager, Aktionärsschützer und Experten für Unternehmensrecht hatten zuvor vergeblich protestiert und harten Widerstand zur Hauptversammlung angekündigt. Zum Umdenken bewogen hat VW aber erst die EU, weil sie als einzige Institution ernsthaft mitredet beim Zusammengehen von MAN und Scania. Auf ihr Wohlwollen sind Piëch und VW angewiesen, was die Kehrtwende bei der Besetzung des MAN-Aufsichtsrats erklärt.
Als Alternativkandidaten dafür wurden nun zwei alte Bekannte sowie mit dem Münchner Rechtsanwalt Matthias Bruse ein öffentlich unbeschriebenes Blatt aus dem Hut gezaubert. Die beiden Bekannten sind Thomas Kremer als Chefsyndikus von Thyssen-Krupp sowie Audi-Vorstand Ulf Berkenhagen. Letzterer sollte eigentlich als MAN-Aufseher ausscheiden und als Piëch-Vertrauter das neue Ressort eines MAN-Einkaufsvorstands bekleiden, um in dem Bereich im Zusammenwirken mit Scania rasch zu Einsparungen zu kommen. Berkenhagen wird nun erst einmal kein MAN-Vorstand und auch auf das neue Ressort verzichtet Piëch, bis die EU grünes Licht für eine Verflechtung von Scania und MAN gibt.