An Aschermittwoch beginnt die 40tägige Fastenzeit, die bis Karsamstag dauert. Die katholischen und evangelischen Kirchen im Stuttgarter Norden bieten die unterschiedlichsten Aktionen und Projekte an.

Stuttgarter Norden - Der Wecker meldet sich frühmorgens in Gestalt des Handys. Draußen ist es dunkel, das Display schimmert hell. Kaum ist man auf den Beinen, laufen die ersten Nachrichten auf dem smarten Apparat ein: Immer erreichbar, immer online. Die digitale Dauerberieselung nervt: „Offline vor Ostern – Raum für Stille – Zeit zum Aufatmen“ heißt ein Angebot der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Weilimdorf zur Fastenzeit. An drei Sonntagabenden jeweils von 19 Uhr an bietet die Gemeinde eine Stunde der inneren Einkehr sowie Atemübungen im Bonhoeffer-Gemeindezentrum an der Wormser Straße 23 an, um Kraft für den Alltag zu tanken. Die Termine sind am 6., 13. und 20. März. Die einen verzichten auf Twitter und Facebook, die anderen auf Alkohol und Zigaretten, die dritten auf Schokolade und Gummibärchen. So wie die evangelische Pfarrerin Dorothea Kik: „Ich habe mir vorgenommen bis Ostern keine Süßigkeiten zu essen“, sagt sie. Wobei die Sonntage auch in der Fastenzeit – laut christlicher Regel – keine Abstinenztage sind: „Da darf ich mir ein Stück Kuchen genehmigen“, sagt die Pastorin der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche.

 

„Sieben Wochen ohne Enge“

Zudem beteiligt sich Kik an der Aktion „Sieben Wochen ohne“. Die evangelische Kirche Weilimdorf bietet ab heute sechs Wochen lang immer mittwochs 19-Uhr-Andachten im evangelischen Gemeindehaus der Oswaldkirche an der Ludmannstraße 10 an. Statt die Askese in den Mittelpunkt zu rücken, setzt die evangelische Kirche den Schwerpunkt auf zwischenmenschliche Werte und das soziale Miteinander: „Großes Herz! Sieben Wochen ohne Enge“ heißt die diesjährige Aktion der Evangelischen Kirche. „Dabei geht es darum, sein Herz zu öffnen“, sagt Pfarrerin Guntrun Müller-Enßlin von der Weilimdorfer Wolfbuschgemeinde. „Mein Herz wird weit“ heißt das Thema ihrer Andacht an diesem Mittwochabend. Müller-Enßlin wird den Psalm 57, 8 -12 ins Zentrum ihrer theologischen Betrachtungen rücken. Die weiteren Themen sind: „Ich lad’ euch ein“, „Es reicht für alle“, „Hier ist noch Platz“ und „Ist verziehen“. Die Abschluss-Andacht am 16. März gestaltet Pfarrer Hartmut Häcker mit dem Posaunenchor.

Exerzitien im Jakobus-Gemeindehaus in Hausen

Für Pater Konrad Werder von der katholischen Salvatorkirche in Giebel sind „Fasten, Beten und Almosen geben“ die zentralen christlichen Elemente während der Passionszeit. Die Phase sei auch dazu da, sich großzügig gegenüber denen zu erweisen, die Not leiden und kaum etwas besitzen. Pater Konrad denkt da ganz konkret an die Flüchtlinge, die seit Januar in Hausen untergebracht sind. Am kommenden Dienstag, 16.Februar, wird er sie gemeinsam mit dem ökumenischen Flüchtlingsfreundeskreis im Jakobus-Gemeindehaus begrüßen und willkommen heißen. Gleichzeitig dient die Fastenzeit auch dazu, den seelischen Kompass neu auszurichten. „Exerzitien im Alltag“ heißt das passende Programm dazu – ebenfalls im Jakobus-Gemeindehaus. Der Kurs beinhaltet sechs Gruppenabende und beginnt am kommenden Montag, 15. Februar, um 19.15 Uhr. Die Teilnehmer treffen sich immer montags in der Zeit zwischen 19.15 und 20.45 Uhr. Treff ist das Gemeindehaus am Heckwiesenweg 19 in Hausen.

Gemeinsam Fasten ist mehr als eine reine Diät

Andere Kirchengemeinden rücken den klassischen Verzicht in den Mittelpunkt: „Im vergangenen Jahr haben wir eine Fastenwoche angeboten und sind so auf den Geschmack gekommen“, sagt der Diakon Andreas Wellner von der katholischen Kirche Zum Guten Hirten in Stammheim. Deshalb soll auch in diesem Jahr während der Passionszeit wieder eine Fastengruppe gebildet werden. Der Vorbereitungstermin findet an diesem Donnerstag, 11. Februar, im Gemeindehaus an der Melchiorstraße 20 in Stammheim statt. Das Treffen beginnt um 19.30 Uhr. Wer Interesse hat, kann sich dort informieren und wird auch beraten, ob das Fasten für ihn gesundheitlich in Frage kommt. „Das richtige Heilfasten bei manifesten Erkrankungen gehört in eine Fastenklinik. Während der Fastenwoche verzichten wir komplett auf feste Nahrung. Stattdessen ernährt man sich in dieser Zeit flüssig, was innerhalb von zwei Tagen zu einer Umstellung des Stoffwechsels führt“, berichtet Wellner weiter. Doch gleichzeitig sei das Fasten weit mehr als nur eine reine Diät. „Es hat auch mit Spiritualität zu tun. In unserer Fastenwoche werden wir neben einer gründlichen Begleitung aller körperlichen Aspekte und Entspannungsübungen auch vermehrt Schritte ins Gebet gehen.“ Die Fastenwoche findet vom 21. bis 26. Februar statt. Auskunft gibt Andreas Wellner unter Telefon 01 73 81 54 219.

In Feuerbach bieten die Heilpraktikerin Ingrid Maier-Regel und Pfarrer Jochen Stiefel „Fasten nach Hildegard von Bingen“ an. Der Einführungsabend findet am Donnerstag, 3. März, um 20 Uhr in der Feuerbacher Föhrichkirche, Steigerwaldstraße 10, statt, im Anschluss an das Taizé-Gebet. Die Fastenwoche beginnt am Donnerstag, 10. März. Auch dieses Angebot richtet sich an gesunde Menschen: „Patienten mit Stoffwechselstörungen sollten in ein Sanatorium gehen, wenn sie eine Fastenkur machen wollen“, rät Maier-Regel. Auf mehrere Entlastungstage folgen fünf Abführ- und Fastentage sowie drei Aufbautage. Es gibt regelmäßig Gemüsesuppen und Brühen sowie hin und wieder einen Herzwein, der aus Petersilie, Rotwein und Honig gekocht wird. „Petersilie regt die Nierentätigkeit an“, sagt Maier-Regel, die bereits rund 15 solcher Kurse geleitet hat. Zudem werden verschiedene Gewürze wie Feldthymian, Bertramwurzel und Galgant bei der Zubereitung der Speisen verwendet. Für die Gewürze wird ein kleiner Unkostenbeitrag erhoben. Nähere Auskünfte erteilt Jochen Stiefel unter der Telefonnummer 46 91 533.