Rund 4000 Menschen sind am Sonntag von mehreren Orten in der Region aus nach Stuttgart auf den Schlossplatz geradelt. Das Aktionswochenende soll zum Umstieg auf das Fahrrad animieren.
Stuttgart - Holt mich hier raus“, bittet das Fahrrad auf dem Faltblatt der Neuen Arbeit. Nicht nur die ausrangierten Räder, die von dem Sozialunternehmen wieder verkehrstüchtig und zum Preis von 40 bis 100 Euro weiter verkauft werden, sind gemeint. Das zehnte Stuttgarter Sattelfest am Wochenende wollte dazu animieren, auch das intakte, aber schon lange unbenutzte Fahrrad aus der Garage oder dem Keller zu befreien und es als Verkehrsmittel oder Freizeitsportgerät zu nutzen. „Radfahren macht Spaß“ war das Motto der beiden Fahrradaktionstage am Wochenende mit Informationsständen rund ums Rad: Vom Gepäckanhänger über den richtigen Helm, von der Verkehrssicherheit bis zu Karten mit Radwanderungen war alles vertreten, was den Radler interessiert.
Am Sonntag trafen gegen Mittag die ersten der insgesamt 4000 Teilnehmer der dritten Sternfahrt am Schlossplatz ein. Ausgangspunkte waren Mühlacker, Leonberg, Filderstadt, Göppingen und Waiblingen. Ein Paar war schon um zwei Uhr nachts in Mannheim gestartet. Am Nachmittag hatte sich der Ehrenhof des Schlosses in einen riesigen Fahrradparkplatz verwandelt und auf dem Schlossplatz wurde das große Abschlussfest gefeiert.
Personal für Belange der Radfahrer soll aufgestockt werden
Zum Auftakt der Aktionstage hatte am Samstag der Baubürgermeister Matthias Hahn die Zuschauer begrüßt. Er habe sich besonders über den „Radtourer“ gefreut – einen Bus, in dem man samt Fahrrad zu attraktiven Strecken aufbrechen und dort radelnd die Landschaft erleben konnte. Wie immer gab es auch eine Reihe geführter Touren. Das Fahrrad wird auch in Stuttgart als Verkehrsmittel beliebter. Deshalb werde 2016 das Personal für die Belange der Radfahrer aufgestockt, kündigte Hahn an. „Kommen Sie zum Stand der Stadt. Sie werden sich wundern, was wir alles in der Pipeline haben“, forderte Hahn die Zuhörer auf. Konkret stünden jetzt die Verbesserung der Sicherheit der Radler an der Tübinger Straße, Ecke Feinstraße, sowie die Verlängerung des Radwegs am Neckar in der Nähe des Voltastegs an.
Auch sportliche Menschen wie Susann Obudla informierten sich am Stand der Elektrobike-Händler von Elmoto. Die 31-jährige ist eine Rad-Fanatikern. „Ich habe ein Rennrad, ein Mountain-Bike, ein voll gefedertes Fully und restauriere ein altes Fahrrad“, erzählt sie. „Vergangene Woche bin ich in zweieinhalb Stunden von hier mit dem Rennrad in den Nordschwarzwald gefahren.“ Ein E-Bike wäre demnach wohl eher unter ihrer Würde, aber die Stuttgarterin, die alle Erledigungen mit dem Zweirad macht, interessiert sich für einen Elektroroller für längere Fahrten: „Das wäre sehr attraktiv“, sagt sie.
Minister schwärmt von der Tour über den Pragsattel
Ungewöhnliche Materialien nutzt Raphael Much aus Schramberg. Er fertigt hochmodern aussehende Räder zum Beispiel aus Esche und Mahagoni. „Holz ist besonders langlebig und kann repariert werden. Bei einem Carbon- oder Alurad geht das nicht“, erklärt er. Bei der Sternfahrt sind er und seine Partnerin zwar nur von Cannstatt aus mitgefahren. „Aber wir haben lange gebraucht, bis wir hier waren, denn wir wurden so oft auf unsere Räder angesprochen“, erzählt er am Schlossplatz. Dort schwärmte Landesverkehrsminister Winfried Hermann über seine Sternfahrt von Ludwigsburg aus über die gesperrte B 27 und B 10 über den Pragsattel. Allerdings sei bei 4 000 Teilnehmern angesichts der 200 000 Radler, die Berlin habe, noch Luft nach oben, sagte Hermann. 2014 hatten 6000 Radler an der Sternfahrt teilgenommen. Hartmut Binder vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club führt das auf das verlängerte Wochenende zurück. Viele seien im Kurzurlaub. Auch Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle war mitgeradelt und die Weinstege hinabgesaust. Er stellte einen Radweg die Steige aufwärts in Aussicht. „Wir arbeiten dran“, sagte er.