In der Pflege liegt vieles im Argen. Auf dem Göppinger Marktplatz haben Beschäftigte ihre Forderungen an die Politik formuliert. Sie bekamen solidarische Unterstützung der Einrichtungen, für die sie arbeiten.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Keine Forderung, aber eine klare Botschaft hat sich Melanie Remmling auf das T-Shirt gepinselt: „Ich pflege so, wie ich selbst gepflegt werden möchte“ steht dort zu lesen. Doch die Krankenschwester, die in der Uhinger Sozialstation arbeitet, müsste den Spruch richtigerweise mit einem „Ich würde gerne so pflegen“ beginnen, da es die vorhandenen Bedingungen meist nicht zulassen, ihren hehren Wunsch in die Tat umzusetzen.

 

In der Pflegepolitik liegt, was längst kein Geheimnis mehr ist, vieles im Argen. Deshalb hat die Diakonie den gestrigen Montag unter dem Motto „Fünf vor Zwölf“ zu einem bundesweiten Aktionstag mit dem Titel „Rettungspaket Altenpflege“ erklärt. Gut 100 Männer und Frauen, darunter viele Pflegebeschäftigte, haben sich aus diesem Grund auch auf dem Göppinger Marktplatz versammelt.

Beschäftigten haben die Solidarität ihrer Arbeitgeber

Sie machen ihrem Unmut auf Postkarten mit klaren Statements an die Verantwortlichen Luft. Auf einer Kartonmauer werden zudem eine „würdevolle Pflege“, eine „familiäre Entlastung“, eine „gerechte Finanzierung“ und eine „attraktive Ausbildung“ angemahnt. Auf den Protestschreiben geht es darüber hinaus aber immer wieder auch um eine „bessere Bezahlung“, um „weniger Dokumentation“, um „familienfreundliche Arbeitszeiten“ und darum, „die dringend notwendigen Gesetzesänderungen nicht auf die lange Bank zu schieben“.

Das wiederum ist ganz im Sinne der Einrichtungen, wie etwa der Wilhelmshilfe, der Diakoniestation Göppingen oder der Sozialstation Uhingen, die sich ebenfalls an dem Aktionstag beteiligt haben. „Wir zeigen uns völlig solidarisch mit der Mitarbeiterschaft“, sagt Matthias Bär vom Vorstand der Wilhelmshilfe. „Denn wenn unsere Leute aushungern und die Lust verlieren, haben wir als Träger das Problem“, fügt er hinzu. Mehr als 600 Beschäftigte hat die Wilhelmshilfe zur Zeit, bildet im diakonischen Institut auch selber aus und versucht das Personal zu binden. „Dennoch müssen wir schon jetzt hin und wieder Fachkräfte über Leasingfirmen anheuern, was natürlich weit teurer ist“, sagt Bär.

Gelegenheit zum direkten Gespräch mit der Politik

Ginge es nach ihm allein, würde er seinen Pflegekräften gerne ebenfalls mehr bezahlen. „Das ist aber natürlich nur möglich, wenn die Refinanzierung gesichert ist“, stellt er klar. Für Abhilfe müsse die Politik sorgen, denn die Pflegekassen würden sich entspannt zurücklehnen und „seit nunmehr 18 Jahren die gleichen Pflegesätze zahlen“, führt Bär weiter aus.

Das Gespräch mit der Politik suchte Bär auf dem Marktplatz denn auch gleich direkt mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Hermann Färber. Dieser hatte sich unter die Teilnehmer gemischt, „weil hier eine Aufgabe auf uns zukommt, deren Dimension wir noch nicht wirklich abschätzen können“. Die Pflege müsse vor allem für die Beschäftigten leistbar bleiben und bedürfe einer Entbürokratisierung, sagte Färber. Dazu wäre ein „Schwarzbuch Bürokratie“, mit überflüssigen Dokumentationsverordnungen hilfreich, betonte er. Matthias Bär versprach, ihm eine solche Zusammenstellung umgehend zur Verfügung zu stellen.