Jugendtreffs, Flohmarkt, Feste, Regatten – am Feuersee ist immer viel los. Das gefällt nicht jedem.

S-West - Auch wenn oft über das trübe Wasser und die strengen Gerüche geschimpft wird, übt der Feuersee als Gesamtensemble mit der Johanneskirche doch eine starke Anziehungskraft aus. Geschäftsleute verbringen hier ihre Mittagspause, Mütter gehen mit ihrem Nachwuchs die Enten besuchen, Jugendliche treffen sich hier. Es gibt Feste, Flohmärkte, Bootsregatten und Putzaktionen. Kurzum, der Feuersee ist im Stuttgarter Westen ein bevorzugter Treffpunkt und nicht minder beliebt, wenn es um die Frage geht, was man rund um den See anders, schöner und noch besser machen könnte.

 

Doch der Feuersee ist nicht nur Treffpunkt für Besucher, er liegt auch in einem Wohngebiet. Unter anderem leben dort Armin Kapp und Ursula Block. Sie sind Nachbarn und wohnen seit gut 30 Jahren dort. Wenn sie aus dem Fenster schauen, liegt ihnen der Feuersee zu Füßen. Schöner wohnen – könnte man meinen. Doch es hat so seine Schattenseiten, wenn man an einem beliebten und belebten Ort wohnt. Es vergeht kaum ein Tag, erst recht nicht in den Sommermonaten, an dem Kapp und Block nicht einer Geräuschkulisse ausgesetzt sind. „Die Aktivitäten haben über die Jahre zugenommen“, sagt Block. „Und wir haben das Gefühl, dass es immer mehr wird.“

Anwohner fordern Rücksichtnahme

Der Anlass, weshalb sich die Anwohner zu Wort melden, ist keine der neueren Aktivitäten gewesen, sondern das traditionelle Feuerseefest der Karnevalsgesellschaft Zigeunerinsel Mitte Juli. Dieses findet genauso lange statt, wie Kapp und Block dort wohnen. „Es hat Tradition und das ist okay“, sagt Kapp. Nicht in Ordnung fand er die Äußerung des Präsidenten der Zigeunerinsel zum Musikverbot nach 22 Uhr. „Diese Regelung ist verbohrt und nicht zeitgemäß für eine Stadt wie Stuttgart und für den Westen schon gar nicht“, hatte Präsident Joachim Engler gesagt.

„Leider scheint es auch nicht zeitgemäß zu sein, auf Anwohner Rücksicht zu nehmen“, sagt dagegen Kapp. Ursula Block fügt hinzu: „Es ist einfach nicht richtig, dass wir alles akzeptieren müssen.“ Hinnehmen müssen sie, dass das nächste Feuerseefest Anfang September bereits vor der Tür steht. „Viele Leute finden solche Feste toll“, sagt Block. „Aber für uns Anwohner ist es eine zusätzliche Veranstaltung, die viel Krach verursacht.“ Armin Kapp sieht in dem Fest einen weiteren Versuch, den Platz zu beleben. „Der Feuersee scheint ein magischer Ort für Ideen aller Art zu sein“, sagt Kapp. „Dabei ist dieser Platz bereits belebt und wir sind froh um jede Nacht und jedes Wochenende, an dem mal nichts los ist.“

Ein Geräusch wie beim Zahnarzt

Die beiden Nachbarn schildern, wie laut eine Woche am Feuersee aus ihrer Sicht abläuft. Da wären wochentags die Anlieferungen an der Rotebühlstraße. „Das beginnt um vier Uhr morgens, wenn die Lastwagen die Geschäfte anliefern und die Kühlaggregate laufen“, sagt Kapp. Auch nicht leise seien Laubbläser, mit denen die Terrassen der Außengastronomie gereinigt werden. Am Wochenende ziehe das Partyvolk lautstark die Rotebühlstraße entlang Richtung Innenstadt oder verbringe seinen Abend gleich am See. „Sie treffen sich dort, hören Musik, unterhalten sich und lachen“, sagt Kapp. Die Reste einer solchen Nacht, wie etwa Bierfässer und Flaschen, schwimmen tags darauf dann im See. Samstags ist öfter Flohmarkt und Sonntag früh der Gottesdienst. „Vieles davon ist nicht schlimm oder unvermeidbar“, sagt Kapp. Aber in der Summe sei es viel – zu viel. „Wir würden uns wenigstens am Sonntagnachmittag Ruhe wünschen“, sagt Kapp. Dies sei aber nicht möglich, weil dann der Schiffsmodell-Sport-Club (SMC) Stuttgart in der Saison von Mai bis September seine Bootsrennen veranstaltet. „Die Boote klingen so schrill; man hat das Gefühl, beim Zahnarzt zu sitzen“, so Block. „Auf dem Balkon hält man es dann nicht mehr aus.“

Dass der SMC seit 1982 einen Vertrag mit der Stadt hat, der die Nutzung regelt, wissen die Anwohner. „Der Verein darf keine Boote mit Verbrennungsmotoren benutzen, die deutlich lauter sind“, sagt Jürgen Mutz vom Tiefbauamt. Für die Anwohner sind die Elektroboote laut genug. „Man hat das Gefühl, auf dem Hockenheimring zu sein“, sagt Kapp.

Der Bootsclub hat einen Vertrag mit der Stadt

Arne Alf, der Vorsitzende des SMC, verweist darauf, dass der Verein in der Saison maximal vier Veranstaltungen am Feuersee hat. „Diese dauern vier Stunden, wobei nur in zwei davon Rennboote eingesetzt werden“, sagt er. „Diese verursachen Geräusche, aber wir dürfen nicht lauter als 90 Dezibel sein und halten das auch ein.“ Von Anwohnern angesprochen worden sei er noch nie. „Wenn, dann rufen sie die Polizei“, sagt er. „Aber wir melden unsere Veranstaltungen immer bei der Stadt und der Polizei an“, sagt Alf.

Nicht vermeidbar und auch nicht verboten ist es, dass auch andere ihre Boote im mit Bojen abgesteckten Bereich des Sees fahren lassen. Wann und wie sie das tun, liegt jedoch nicht im Verantwortungsbereich des Vereins. Den Anwohner wäre es am liebsten, es wären gar keine Modellboote auf dem See erlaubt. „Wenigstens aber nicht sonntags, denn wir brauchen einen Tag zum Verschnaufen“, sagt Kapp.