Nach mehr als zwanzig Jahren lässt Michael Steinbrecher den ZDF-Klassiker das „Aktuelle Sportstudio“ hinter sich. Er will „was Neues“ machen, sagt er.
Stuttgart - „Man soll gehen, solange es noch schön ist.“ Der Satz könnte vom Triple-Gewinner und Ex-Bayern-Trainer Jupp Heynckes stammen, doch gesagt hat ihn Michael Steinbrecher. Mit diesen Worten hat der Moderator seinen Abschied vom ZDF-Klassiker „Das aktuelle Sportstudio“ begründet. Ende August will er zum letzten Mal durch die Sportshow des ZDF führen, die außer Dieter Kürten niemand so oft moderiert hat wie er (320 mal). Unter den Kollegen, die Steinbrecher seit 1992 kommen und wieder gehen gesehen hat, waren unter anderem Johannes B. Kerner und Wolf-Dieter Poschmann.
Obwohl der Westfale zu den dienstältesten Sportmoderatoren im deutschen Fernsehen gehört, hat er sich dennoch eine gewisse Jugendlichkeit bewahrt: Wenn er mit Gästen spricht, ist immer noch Neugier zu spüren; bei Steinbrechers Interviews geht es oftmals mehr um den Menschen als um den Sportler. Gerade diese Gefühligkeit hat ihm allerdings in den ersten Jahren viel Kritik eingebracht, weil die weiche Form der Gesprächsführung bei hartgesottenen Fußballfans nicht so gut ankommt. Auch Kritiker haben seiner Lockenpracht zum Trotz mitunter kein gutes Haar an dem Moderator gelassen. Sport werde mit Steinbrecher zum „Kirchentagserlebnis“, hieß es mal; andere Äußerungen waren weit weniger schmeichelhaft.
Fußball oder Fernsehen?
Dabei weiß der gebürtige Dortmunder ziemlich gut, worum es geht, wenn er mit gestandenen Bundesligaprofis plaudert, schließlich war er mehrere Jahre lang Jugendspieler bei Borussia Dortmund, bevor er Mitte der Achtziger nach einem Umweg über Borussia Mönchengladbach parallel zu seinem Studium am Institut für Journalistik (Universität Dortmund) drei Jahre lang für Westfalia Herne in der Oberliga gekickt hat. Das ins Studium integrierte Volontariat absolvierte er beim ZDF. Die Mainzer waren offenbar derart beeindruckt von dem jungen Mann, dass sie ihm 1987 die Moderation des Jugendmagazins „Doppelpunkt“ anboten. Steinbrecher hatte die Qual der Wahl: Fußball oder Fernsehen? Er musste seine Entscheidung nicht bereuen: Allein in den nächsten drei Jahren bekam er für die Moderation und Redaktion der Sendung, die sich auch mit damals heiklen Themen wie Aids oder Homosexualität befasste, gleich mehrere Preise.
Verschiedene Kreise schließen sich
Eine Karriere später haben sich im Leben Steinbrechers verschiedene Kreise geschlossen. Im westfälischen Marl, eine gute halbe Autostunde von seinem Geburtsort entfernt, wo er einst als junger Fernsehanfänger mit dem Grimme-Preis die erste von vielen Auszeichnungen in Empfang nehmen durfte, verteilt er die Trophäen als Moderator der Preisverleihung mittlerweile selbst. Und auch nach Dortmund ist er beruflich zurückgekehrt: Dem Institut, an dem er den Beruf gelernt hat, dient er nun als Professor für Fernseh- und Crossmedialen Journalismus. Das klingt nach sanftem Ausklingen einer langen Laufbahn, aber dafür ist Steinbrecher, noch längst nicht fünfzig, entschieden zu jung. Über seine weiteren Pläne schweigt er sich aus; „es sollte was Neues kommen“, sagt er bloß.
Ganz verlässt Steinbrecher, der beim ZDF als freier Moderator arbeitet, den Sender ohnehin nicht: Die Fußballweltmeisterschaft nächstes Jahr in Brasilien will er noch mitnehmen und vielleicht ein letztes Mal im Quartier der Nationalmannschaft verständnisvoll Anteil an Sieg und Niederlage nehmen. Seinem Nachfolger beim „Sportstudio“ schreibt er eine Sentenz ins Stammbuch, die gut zum Journalistik-Professor passt: „Der Wunsch nach Gefälligkeit geht nicht von den Journalisten aus, sondern von einem System, das PR-Journalismus erwartet. Da dürfen wir nicht mitmachen.“ Die Zuschauer des „Sportstudios“ haben nie daran gezweifelt, dass er diese Maxime stets beherzigt.