Die Kernkraftgegner wollen nicht am geplanten Erörterungstermin zum Rückbau von Block I des Atomkraftwerks Neckarwestheim in der kommenden Woche teilnehmen. Sie kritisieren das Verfahren der Bürgerbeteiligung und planen statt dessen eine Gegenveranstaltung.
Neckarwestheim - Der Erörterungstermin zum Abriss des Atomkraftwerks Neckarwestheim I in der kommenden Woche droht zu scheitern. Die vier in der AG AtomErbe Neckarwestheim zusammen geschlossenen Bürgerinitiativen sowie der Naturschutzbund BUND haben ihre Teilnahme an der dreitägigen Veranstaltung unter Protest abgesagt. Die Sprecher der Initiativen bezeichnen die dreitätige Veranstaltung in der Reblandhalle von Neckarwestheim als „Alibi-Erörterung“ und „Show-Veranstaltung“ des baden-württembergischen Umweltministeriums, das schwere Fehler beim Inhalt und in der Form des Verfahrens gemacht habe.
„Für eine Simulation von Bürgerbeteiligung stehen wir nicht zur Verfügung“, sagte Herbert Würth vom Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim. Die Folgen einer falschen Abrissplanung beträfen Generationen. „Das darf nicht im Hauruck-Verfahren entschieden werden.“
Ein Sprecher des Umweltministeriums wies die Vorwürfe als haltlos zurück. Vom kommenden Dienstag bis Donnerstag will sich das Ministerium drei Tage lang den 2500 schriftlichen Einwendungen widmen, die Bürger gegen die Abrisspläne von Neckarwestheim I formuliert haben. Die Bürgerinitiativen wollen gegen die Erörterung protestieren und laden zu einer „Alternativen Erörterung“ ein. Beobachter fragen sich, ob die Veranstaltung durch die Teilnahmeverweigerung der Bürgerinitiativen zu scheitern droht, da die Einwendungen überwiegend aus den Reihen der Bürgerinitiativen stammen.
Unterlagen der EnBW seien unzureichend
Die Kritik am Verfahrensgang ist grundlegend. So habe die Energie Baden-Württemberg (EnBW) als Betreiberin des AKW nur unzureichende Unterlagen eingereicht. Es sei unklar, ob das Ministerium den Stromkonzern um Nachbesserung gebeten habe, kritisierte Würth weiter. Trotz der aus Sicht der Initiativen mangelhaften Unterlagen hätten viele Menschen eine detaillierte Kritik an den Plänen eingereicht. „Diese Einwendungen sind Teil des Rechtsverfahrens und dürfen von der Behörde nicht ignoriert werden“, sagt Würth weiter.
Das Umweltministerium reagierte mit Unverständnis. „Im Erörterungstermin werden keine Entscheidungen getroffen, sondern die Einwendungen erörtert, um sie zu verstehen“, erläuterte ein Sprecher. Es sei schade, wenn die Initiativen diese Veranstaltung meiden wollten. „Jeder ist herzlich eingeladen, zu uns zu kommen.“ Es sei keinesfalls ausgemacht, dass die Bürgerbeteiligung mit diesem einen Erörterungstermin erschöpft sei. Der Sprecher lehnte es „zum gegenwärtigen Stand des Verfahrens“ ab, auf den Inhalt der Vorwürfe einzugehen. Die Unterlagen, die die EnBW abgegeben hatte, würden geprüft. „Sollten die Vorwürfe der Atomkraftgegner zutreffen, werden wir an die EnBW herantreten und um eine Ergänzung bitten. Nötigenfalls werden wir Auflagen erteilen.“
Kritiker finden Verfahren des Ministeriums fragwürdig
Die Bürgerinitiativen haben eine Fülle weiterer Vorhaltungen formuliert. So würden nach dem Abriss von Block I rund 330 000 Tonnen zum Teil verstrahltes Material anfallen, von dem der größte Teil in freien Umlauf gebracht werden dürfe. Gleichzeitig entstehe auf dem Werksgelände ein neues, unbefristet genehmigtes Lager, über das mindestens ein bis zwei Jahrzehnte lang Radioaktivität in Luft, Wasser und Boden abgegeben werde.
Angesichts des Gefahrenpotenzials für die Bevölkerung sei das gesamte Verfahren des Umweltministeriums fragwürdig. Da bereits beim Abriss des Atomkraftwerks Obrigheim ähnlich mangelhaft verfahren worden sei, dränge sich der Eindruck auf, dass das Ministerium nichts gelernt habe, kritisierte Würth.