Ein Flugtaxi über Stuttgart? Die Hochschule für Technik Stuttgart hat untersucht, wie fliegende Taxis bei Bürgern ankommen: Die Akzeptanz ist hoch – das ist nur eines der überraschenden Ergebnisse.

Digital Desk: Lena Hummel (len)

Stuttgart - Der 14. September war für das Bruchsaler Start-Up Volocopter aus zweierlei Gründen ein wichtiger Tag. Als dessen Flugtaxi um Punkt 14 Uhr von einem Fußballfeld vor dem Mercedes-Benz Museum in Stuttgart abhob, war das der erste öffentliche Flug in einer europäischen Stadt. Und die Hochschule für Technik (HFT) Stuttgart nutzte die zahlreichen Besucher, die zu diesem Spektakel gekommen war, um abzufragen, wie Flugtaxis eigentlich ankommen.

 

An diesem Donnerstag stellte Patrick Planing, Professor für Wirtschaftspsychologie an der HFT Stuttgart und Projektleiter der Forschungsinitiative, die Studie vor. Das Kernergebnis: Zweidrittel der Befragten würden Flugtaxis nutzen, knapp die Hälfte glaubt, dass das Angebot Teil des persönlichen Alltags werden könnte, und knapp 80 Prozent der Teilnehmer sprechen sich dafür aus, dass die Taxis in Stuttgart eingesetzt werden. „Das Besondere an dieser Studie ist, dass das Flugtaxi wirklich zum Greifen nahe war“, sagt Planing. „Ohne solche Erfahrungen mit der Technologie gemacht zu haben, kann man Fragen dazu nur schwer beantworten.“

1203 Personen haben an der Befragung teilgenommen

Planing und sein Team haben insgesamt 1203 Personen schriftlich befragt, bevor sich der Volocopter an dem sonnigen Herbstsamstag Mitte September auf seinen kurzen Flug machte. 60 Prozent der Befragten waren Männer, alle Alters- und Einkommensklassen waren vertreten. Die Wissenschaftler haben auch gefragt, ob die Besucher in der Automobilbranche arbeiten – weil das Einflüsse auf die Ergebnisse hätte haben können. Nur rund 40 Prozent bejahten, was dem hohen Anteil in der Region Stuttgart entspreche, heißt es in der Studie. Nicht kontrolliert wurde, ob die Befragten besonders technikaffin sind. Planing gibt zu: „Weil es sich um eine Feldstudie handelt, konnten wir natürlich nur die befragen, die da waren.“ Er merkt aber gleichzeitig an, dass der Volocopter-Flug in ein großes Rahmenprogramm eingebettet gewesen sei. Der Eintritt zum Mercedes-Benz Museum sei frei gewesen, viele Familien waren vor Ort.

Noch dazu zeigen die Ergebnisse, dass knapp 70 Prozent der Befragten nichts über Flugtaxis wussten oder lediglich davon gehört hatten. Diese mangelnde Kenntnis hat auch Einfluss auf die Nutzung. So würden die Befragten, die sich schon mal mit dem Transportmittel beschäftigt haben, dieses auch eher nutzen – ein Grund, noch mehr über Flugtaxis zu informieren, appelliert der Wissenschaftler.

Emotionale und rationale Gründe

Das Team hat auch die Gründe für die Nutzung abgefragt. Neben dem Spaß am Fliegen haben die Studienteilnehmer die kurze Reisezeit als am wichtigsten bewertet. „Es sind also emotionale und rationale Aspekte“, sagt Planing. Was die Sicherheit angehe, bestehe „noch Luft nach oben“, sagt er weiter. Zwar gaben 30 Prozent der Befragten an, dass sie keinen Piloten brauchen, „aber die Mehrheit würde sich mit einem Piloten sicherer fühlen“. Deshalb werde der Volocopter, wenn er in wenigen Jahren auf den Markt komme, zunächst mit einem Piloten an Bord in die Luft gehen, sagt Fabien Nestmann, Leiter Außenbeziehungen bei Volocopter. „Irgendwann wollen wir dann autonom fliegen, um den zusätzlichen Sitzplatz auch verkaufen zu können.“

Als besonders „motivierendes Ergebnis“ bezeichnet Nestmann, dass Lautstärke, Sicherheit und Komfort des Volocopters als „besser als erwartet“ bewertet wurden. Dieses Ergebnis liefert eine weitere Befragung von mehr als 120 Personen, die nach dem Flug durchgeführt wurde. Es zeigt sich auch, dass sowohl die Nutzungsabsicht als auch die Vorstellung, dass Flugtaxis Teil des Alltags werden könnten, nach der Flugvorführung unverändert bleiben.

Start- und Landepunkt an Bahnhof und Flughafen?

Derzeit arbeitet das Unternehmen an der Zulassung. Und auch die Infrastruktur müsse aufgebaut werden. In Stuttgart würden die Befragungsteilnehmer den Bahnhof und den Flughafen als Start- und Landepunkt präferieren. Danach folgen Park-and-ride-Plätze und die Innenstadt. Wichtig ist ihnen auch, dass sie die Flugtaxis per S-Bahn und Stadtbahn erreichen können. Die Befragten glauben, dass der Einsatz von Flugtaxis in der Landeshauptstadt das Mobilitätsangebot und Stuttgart als Innovationsstandort verbessert. Auch auf das Verkehrsaufkommen, die Parksituation und die Umweltbelastung könnten sich die fliegenden Transportmittel positiv auswirken. Laut Nestmann zeigen die Ergebnisse, dass die Akzeptanz von Flugtaxis wider Erwarten in Deutschland genauso hoch sei, wie in anderen Ländern.