Die RKH Kliniken schreiben tiefrote Zahlen. Ohne eine kräftige Finanzspritze des Landkreises wären sie nicht überlebensfähig. Doch dem Landkreis geht selbst das Geld aus.
Der Ludwigsburger Landrat Dietmar Allgaier sah keinen Grund, bei der Situation der Kreiskliniken etwas zu beschönigen: „Wenn uns Bund und Land nicht helfen, bleibt uns nur, die Krankenhäuser zu schließen“, sagte er in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschuss des Kreistags und zitierte den Mannheimer Oberbürgermeister Christian Specht: „Die Kliniken zerstören unsere kommunalen Haushalte.“
Erstmals muss der Landkreis Ludwigsburg ein Defizit der RKH-Kliniken ausgleichen. Und das hat es in sich: 24,4 Millionen Euro beträgt das Minus aus dem Geschäftsjahr 2023. Für das laufende Jahr ist mit einer weiteren Verschlechterung zu rechnen – die Finanzdezernentin des Landkreises, Bettina Beck, geht von einem Verlust von 35 Millionen bis 40 Millionen Euro aus.
Auch geschlossene Krankenhäuser Marbach und Vaihingen sorgen für Verluste
Mit zu dem Defizit haben auch die inzwischen geschlossenen Krankenhäuser in Marbach und Vaihingen sowie die frühere Rehaklinik beigetragen. Auf deren alten Girokonten stehe ein Minus von 30 Millionen Euro, erklärte der designierte kaufmännische Kliniken-Geschäftsführer Axel Hechenberger: „Die wurden nie entschuldet.“ Mehr als 1,8 Millionen Euro Zinsen mussten deshalb im letzten Jahr gezahlt werden. Und die Aussichten sind düster: Die Probleme, die zur Schließung der kleineren Krankenhäuser geführt haben, seien inzwischen auch in den großen Häusern angekommen, so Hechenberger weiter: „Der Zuschussbedarf steigt erheblich; ohne finanzielle Unterstützung wären diese Häuser nicht mehr lebensfähig.“
Hilferufe, sachliche Argumente und Ist-Zustandsberichte blieben ungehört, klagte Allgaier. Erst kürzlich hatte er sich mit einem offenen Brief an die Landtags- und Bundestagsabgeordneten im Landkreis Ludwigsburg gewandt und unter anderem eine Erhöhung der Krankenhausvergütung durch den Bund und ein Nothilfeprogramm des Landes gefordert. Sonst würden die Kliniken in die Privatisierung getrieben.
Sparen, aber wo?
Ein nur schwacher Trost war es da, dass Hechenberger sagte, man sei „in den Defizitlandschaften noch moderat unterwegs“. Auf Dauer, stellte Allgaier klar, werde man diese Verluste nicht finanzieren können. Schon jetzt weist der Haushalt des Landkreises wegen der Unterstützung der Kliniken erstmals seit Einführung des neuen kommunalen Haushaltsrechts ein Defizit im ordentlichen Ergebnis auf: 30,9 Millionen Euro beträgt das Minus. Für das laufende Jahr werden für das Gesamtergebnis 82,6 Millionen prognostiziert.
Das Problem: Steuerungsmöglichkeiten gibt es kaum. Brigitte Muras von den Grünen jedenfalls machte gleich deutlich, wo ihrer Meinung nach auf keinen Fall gespart werden dürfe: im sozialen Bereich, bei den Freiwilligen Leistungen, bei Schulen und dem ÖPNV. Benningens Bürgermeister Klaus Warthon (Freie Wähler) hingegen sagte, eine Haushaltskommission sei für ihn Pflicht. Die dort vorgeschlagenen Maßnahmen müssten umgesetzt werden, „auch wenn sie wehtun“. Er verwies darauf, dass der Landkreis weniger Geld vom Land bekommen werde, weil laut Volkszählung die Zahl der Einwohner um 133 000 geschrumpft sei. Das werde das Problem verschärfen.
Zu wenig Geld von Krankenkassen, Land und Bund bei steigenden Kosten
Warum es den Kliniken überhaupt so schlecht geht, erläuterte die Regionaldirektorin Anne Matros. Die seit Jahren steigenden Kosten würden von den Landesbasisfallwerten – dem Geld, das von den Krankenkassen kommt - nicht berücksichtigt. Als Beispiel nannte sie Tarifsteigerungen bis zu 11 Prozent, hinzu komme die hohe Inflation. Auch für nötige Investitionen gebe es von den Ländern seit Jahrzehnten zu wenig Geld, so dass man diese immer mehr aus Eigenmitteln finanzieren müsse. Zudem seien Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen während Corona ins Stocken geraten und die Zahl der behandelten Fälle sei eingebrochen, wegen Personalmangels sei auch keine Steigerung bei der Bettenbelegung möglich. Also müsse man zum einen an den richtigen Stellen sparen, so Matros – welche dies sind, ließ sie offen –, aber auch investieren: in Personal, Infrastruktur und Prozesse. Aus Sicht von Egon Beck, Sozialdemokrat aus Korntal-Münchingen, fehlen Lösungsansätze. Er forderte mit Blick auf Marbach und Vaihingen, Altlasten loszuwerden und die eigenen Hausaufgaben zu erledigen, statt nur auf Berlin und Stuttgart zu verweisen. Jochen Eisele (FDP) betonte, dass bei Kliniken in ganz Deutschland eine Misere herrsche, die nach Corona erst so richtig zum Tragen komme, und verlangte einen Bürokratieabbau. Manfred Hollenbach (CDU) sagte, er habe wenig Hoffnung, dass durch die Krankenhausreform etwas geändert werden könne. Die Politik sei zu weit weg von der Praxis. Der Oberriexinger Gerd Maisch von den Freien Wählern sah vor allem den Bund in der Pflicht und möchte Konzepte der Deutschen Krankenhausgesellschaft sehen. Zudem wünscht er sich, dass auch die hiesige Klinikleitung mögliche Wege aufzeigt.
Wenig optimistisch zeigte sich Landrat Dietmar Allgaier: „Auch wenn wir noch so gut sind und unsere Hausaufgaben machen, erreichen wir nichts, wenn nicht auch der Bund und das Land ihre Hausaufgaben erledigen.“
Die Kennzahlen der Kreiskliniken
Mitarbeiterzahlen
An den RKH Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH arbeiteten im Jahr 2022 insgesamt 4128 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. An der Orthopädischen Klinik Markgröningen waren es 670.
Fallzahlen
Wurden etwa im Jahr 2020 am Klinikum Ludwigsburg noch 36 400 Kranke stationär aufgenommen, waren es zwei Jahre später nur noch 33 860. Am Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen sank die Zahl von 16 871 auf 15 873 stationäre Fälle. Für die Kliniken birgt das Risiken, da sich die Vorhaltepauschale – das Geld, das Kliniken nur für das Vorhalten von Leistungen bekommen sollen– nach den stationären Behandlungszahlen berechnet.