Die meisten Reiseziele sind bei Touristen bekannt. Nicht so Albanien. Unser Leser war dort unterwegs.

"Wo liegt denn das? Ist das nicht kommunistisch und gefährlich?" Immerhin gibt es ein paar Reiseführer über Albanien. Übereinstimmend raten sie vom Radfahren ab. Egal.

 

Mitten in der Nacht startet unsere 26-köpfige Gruppe mit dem Bus. Von Österreich und Slowenien sehen wir wenig. Dann öffnet sich der Blick auf die Adria, es geht hinunter nach Rijeka und weiter nach Selce zum ersten Hotel. Am zweiten Tag fahren wir hoch über den Schluchten des Balkans und dann 100 Kilometer an der Küste entlang bis Dubrovnik mit seiner historischen Altstadt.

Am dritten Tag steigen wir endlich aufs Rad. Bei Sonne geht es 200 Höhenmeter hinauf und über die kroatische Grenze nach Montenegro. Die Grenzbeamten staunen – jemanden wie uns haben sie noch nicht gesehen. Wir radeln um die Kotor-Bucht und sind auf der schmalen Küstenstraße schneller am Hotel als der Bus. Tags darauf wollen wir zum Shkodrasee, dem größten Binnensee des Balkans. Wir radeln im strömenden Regen nach Rijeka Crnojevica und retten uns in ein kleines Lokal, das noch zu hat. Wirt und Koch werden geholt, es gibt türkischen Kaffee und Raki, Fischsuppe und einen Vortrag über die Geschichte, bevor wir weiterfahren. In Vipazar steigen wir im Pelikan ab, dessen Seniorchef uns sogar zu einer Bootsfahrt einlädt.

Die Fahrt vom Shkodrasee nach Albanien ist mit 80 Kilometern und 1200 Höhenmetern unsere Königsetappe. Wir radeln durch Esskastanienwälder und machen in Ostros Pause, mit Kebab, Bier und Kaffee. Dann geht es hinauf zum Pass, in die Wolken. Die kleine Straße führt zu einer modernen, von der EU finanzierten Grenzstation. Die Pässe werden in Montenegro eingesammelt, eingelesen, durch ein Loch in der Wand nach Albanien gereicht, dort erneut eingelesen. Den Fluss entlang fahren wir nach Shkodra.

Am fünften Tag radeln wir ab dem Bushalt auf der alten Straße nach Tirana. Die Jugend am Straßenrand grüßt. Wir helfen, einen Esel samt Karren aus dem Graben zu ziehen. In Lezhe besuchen wir das Mausoleum von Skanderbeg, dem albanischen Nationalhelden, der hier im 15. Jahrhundert 20 Jahre lang die Türken aufgehalten hat. Weiter geht es entlang der Bahnlinie Shkodra–Tirana. Die Straße ist löchrig und schlammig. Schließlich steigen wir in den Bus und fahren hinauf zu Skanderbegs Burg im Städtchen Kruja.

Am sechsten Tag nehmen wir die Seilbahn auf Tiranas Hausberg Dajti. Ein albanischer Germanistikprofessor erklärt uns, dass die Bahn von einer österreichischen Firma gebaut wurde und die Kabinen deshalb Ski-Halterungen haben, obwohl es weit und breit keine Skipiste gibt. Auf der Rückfahrt halten wir am Skanderbeg-Platz, wo heftig gebaut wird. Ein riesiges Plakat weist auf Mutter Teresa hin, deren Vater Albaner war.

Der Bus bringt uns nach Elbasan im Shkumbin-Tal. Wir radeln ein Stück Asphaltstraße und weiter auf einem holprigen Feldweg. Ein Ehepaar am Wegesrand bietet uns Raki an. Wir erreichen Kucove und schließlich unser Hotel in Berat. Die Stadt der tausend Fenster ist offizielle Museumsstadt. Am nächsten Morgen besichtigen wir Stadt und Burganlage. Die halsbrecherische Taxifahrt auf die Burg überstehen wir dank des Raki, den der Fahrer für seine bleichen Gäste aus dem Handschuhfach holt. Später radeln wir quer über die Autobahn, tauchen die Füße in die Adria und erreichen schließlich die Hafenstadt Durres. Von Shkodra aus radeln wir drei Stunden durch den Regen, überqueren die Grenze und fahren über die Hügel nach Ulcin an der Adria. Wir sind nun wieder in Montenegro und erleben eine Hotelanlage von 1965, deren Energieversorgung überfordert ist. Doch man kann auch im Schein der Fahrradbatterieleuchte duschen. Auf der Heimfahrt sitzen wir zwei Tage im Bus. Die Espressopreise steigen von Land zu Land, die Temperatur fällt. 

Die Leserreise

Der Leser
Erwin Wölfle, Jahrgang 1944, Physiker im Ruhestand, wohnt in Rißtissen in der Nähe von Ulm. Radfahren, Tischtennis, Skitouren gehören zu seinen Hobbys – und auch auf dem Herd lässt er wenig anbrennen. 

Die Reise
Die organisierte Radtour mit Teilnehmern aus ganz Deutschland und mit Reisebusbegleitung führte von Wörth aus zu folgenden Zielen: Kvarner Bucht, Dubrovnik, Kotor, den größten See des Balkans – Shkodrasee, Kruja, die albanische Hauptstadt Tirana, die über 2000 Jahre alte Stadt Berat, die albanische Adria-Hafenstadt Durres und Uljin.

Allgemeine Informationen
3,2 Millionen Menschen leben in Albanien, in Montenegro 0,6 Millionen. In Montenegro wird mit Euro bezahlt, in Albanien mit Lek (140 Lek = 1 Euro). Informationen zur Reise unter: www.launer-reisen.de/reisen/radreisen/albanien_montenegro.htm

Der Reiseleiter
Sven Christian kennt Albanien seit zehn Jahren, er hat dort auch ein Jahr lang studiert. Christian konzipierte diese Reise und war bei der Jungfernfahrt im vergangenen Jahr dabei. Sein Großvater hat im Auftrag der damaligen Regierung der DDR in Tirana ein Kühlhaus gebaut.

Unterwegs essen
In Montenegro und Albanien gibt es sehr gute Küche, frische Fleischgerichte, frischen Fisch und knackige Salate. Raki Rrushi – der Schnaps für hinterher – aus Weintrauben wird aber auch schon zum Frühstück gereicht. Der Kaffee kostet 50 Cent, das Bier weniger als einen Euro im Restaurant.