Albert-Dulk-Preis Untertürkheim Steine reden und Wände werden laut

Pablo Wendel ist der erste Träger des Albert-Dulk-Preises, der im Dezember 2016 erstmals in Untertürkheim verliehen wurde. Ulrike Küstler erhält den Sonderpreis.
Fast ein wenig zu klein schien der Rahmen des Kulturtreffs in der Strümpfelbacher Straße für diese Premiere. Jedenfalls angesichts des Gewichtes, den der Abend sukzessive entfaltete. Was wiederum kaum Wunder nimmt in Anbetracht des Namensgebers, der in Untertürkheim vor allem unter dem leicht frivol-folkloristischen Attribut „der mit den drei Frauen“ abgelegt scheint. Das aber könnte sich mit dem von Kulturhaus- und Bürgerverein gemeinsam aus der Taufe gehobenen, mit 3000 Euro dotierten Albert-Dulk- Preis wandeln. Denn Dank des Preises rückt Dulk, der die letzten 13 Jahre seines Lebens, bis zu seinem Tod 1884, in Untertürkheim gelebt hatte, nun als multiples Schwergewicht in den Blick: geistig, künstlerisch und politisch.
Ein „Multitalent, das schwer in Schubladen zu stecken ist“, wie Rainer Deiss vom Kulturhausverein einführend feststellte. Zudem ein Mann „mit einem starken Bewusstsein seines Könnens“. Und seines Wollens: als Schriftsteller, Revolutionär und Freidenker, auch als Mitbegründer der württembergischen Sozialdemokratie. Das „Überschreiten von Grenzen“ ist so laut Deiss auch das Kriterium für die Wahl, die „in gewisser Regelmäßigkeit“ erfolgen soll. Woraus sich auch lokale Impulse saugen lassen, wie Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel hoffte: „Um Entwicklungen anzustoßen und sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Auch für ein neues Wir-Gefühl in unserem vielfältigen Stadtbezirk, der das Potenzial und die Kraft dazu hat.“
„Grenzüberschreitender Mut und Offenheit“
„Wenn Steine reden und Wände laut werden“: Diese Dulk-Zeile machte Andrea Welz zum Leitmotiv ihrer Laudatio auf Pablo Wendel, den ersten Preisträger. Wendel hatte 2006 weltweit Aufsehen erregt, als er sich in perfekter mimetischer Verwandlung in die berühmte chinesische Terrakotta-Armee eingefügt und damit die bewachende, reale Armee in höchste Verwirrung gestürzt hatte. Eine grenzüberschreitende Performance, in der sich der gelernte Steinmetz selbst als Skulptur erprobt hatte. Fast abendfüllend inspirierend, wie die Laudatorin weitere, höchst sinnfällig-subversive Aktionen Wendels skizzierte: Vom bröckchenweisen Verschwinden eines tonnenschweren Steines, über die „Himmelfahrt eines Fisches“ bis zum sich aktuell immer weiter vernetzenden „Kunst-Strom“-Projekt für jedermann. Wendels Werk beweise „grenzüberschreitenden Mut und Offenheit, mit der Wendel Freiräume schafft und nutzt“.
Pablo Wendel zeigte sich „berührt“ von dieser „sehr, sehr treffenden Würdigung“ - und stellte danach mit sympathischen Understatement Eckpunkte seines Schaffens dar. Mündend in die fortdauernde Kunststrom-Aktivitäten seiner „Strom-Guerilla“ – voller Grenzen weitender Implikationen: Ein Einladung zum Einstöpseln!
Sziale Bewegungen als Form von Kunst
Abendfüllend im Grunde auch die Dankesrede von Ulrike Küstler: Die staunenswerte Lebensgeschichte einer Selbstbefreiung, die eminentes gesellschaftliches, soziales und politisches Engagement zeitigte. Und Küstler nutzte den Freiraum zur Warnung vor „gegenwärtigen Rückschritten“, um dann den Bogen zu Albert Dulk zu spannen: „Auch soziale Bewegungen sind eine Form von Kunst, von der Kunst des Zusammenlebens. Kunst lehrt uns, neu und anders zu denken.“ Keine Frage, Albert Dulk hätte an diesen Preisträgern und an diesem Abend eine wahre Freude gehabt!
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