Album-Kritik „Saviors“ Green Day und der amerikanische Albtraum

Billy Joe Armstrong, Tré Cool und Mike Dirnt (von links) sind Green Day Foto: Warner Music

Zwischen Tiktok, Insta und Verschwörungstheoretikern: Billie Joe Armstrong verpackt wieder Gesellschaftskritik in melodieseligen Punkrock. So klingt „Saviors“, das neue Album von Green Day.

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Was ist nur aus dem Amerikanischen Traum geworden? Billy Joe Armstrong irrt durch eine Welt voller Menschen, die arbeitslos sind und sich überflüssig fühlen, eine Welt, in der es für die einen nur um Tiktok und Steuern geht, während andere in Unterführungen auf zerbrochenen Glas schlafen. In „The American Dream Is Killing Me“ prangert Armstrong mit seiner Band Green Day die Scheinheiligkeit des Wahnsinns im Hier und Jetzt an, lässt knuffige Punkrockgitarren auf ein Streichquartett treffen.

 

Hymnen zwischen Bombastrock und Punk

Es ist unüberhörbar: Green Day sind zurück. Dreißig Jahre nachdem die drei East-Bay-Punks Billie Joe Armstrong, Tré Cool und Mike Dirnt mit dem Album „Dookie“ den Durchbruch schafften, zwanzig Jahren nachdem sie mit dem Album „American Idiot“ eine Art Punkrock-Oper abgeliefert haben, die es sogar als Musical an den Broadway geschafft hat, veröffentlicht das Trio sein 14. Album. Es heißt „Saviors“, enthält 15 Songs und wurde in London und Los Angeles von Rob Cavallo produziert, der nicht nur bereits „Dookie“ und „American Idiot“, sondern auch Platten von Phil Collins produziert hat. Immer wieder treffen Bombastrock und Punk aufeinander, nahezu jeder Song taugt als Stadionhymne oder Singalong. „One Eyed Bastard“ zum Beispiel mit dem grandiosen „Bada bing, bada bing, bada boom“-Refrain oder das putzig-melodieverliebte Willst-du-mit-mir-gehen-Stück „Bobby Sox“, aber auch Nummern wie „Dilemma“ oder „Look Ma, No Brains!“

Die Menschheit ist dumm und ansteckend

Und nicht nur in dem Song „Living in the 20’s“ sezieren Green Day den Zeitgeist. „Will I ever see your face again, not for just a scroll on Instagram?“ , fragt Armstrong zum Beispiel in „Suzie Chapstick“, einem Lied das mit seiner Jingle-Jangle-Gitarre und den hübschen Harmonien eher nach College Rock und dem Powerpop der späten 1960er Jahre als nach Punkrock klingt. Auch in „Strange Days Are Here To Stay“ wankt Armstrong orientierungslos und desillusioniert durch das Heute („They promised us forever/But we got less“), und obwohl der Song ein Punkrock-Herz hat, flirtet er mit seinem Hang zur Opulenz und dem zweistimmigen Gitarren auch mit dem Sound von Bands wie Queen. Und dann ist das noch das wunderbar als niedliche Singalong-Hymne verkleidete Albumfinale„Fancy Sauce“. Hier spielt Armstrong einen Mann, der in einer Gummizelle lebend zur Erkenntnis kommt, dass die da draußen alle verrückt, berühmt, dumm und ansteckend sind.

Green Day: Saviors (Warner Music) erscheint am Freitag, 19. Januar.

Tournee: Green Day geben im Sommer mehrere Konzerte in Deutschland: Am 7. Juni ist die Band bei Rock im Park und am 8. Juni bei Rock am Ring zu Gast. Außerdem sind Auftritte auf der Berliner Waldbühne (10. Juni, ausverkauft) und auf der Trabrennbahn Bahrenfeld in Hamburg (11. Juni) geplant.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu kritik Video