Das Stuttgarter Duo BRTHR macht’s wie JJ Cale und spielt wunderbar entschleunigte Songs über eine alte Drummachine. Vor dem Releasekonzert für ihr Album „Strange Nights“ haben wir sie in der Kreativ-Blase getroffen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - War JJ Cale ein Stuttgarter? Fast scheint es so, wenn man das neue Album „Strange Nights“ von BRTHR anhört. Hinter diesem Namen stecken Philipp Eißler und Joscha Brettschneider, Ersterer ist Songwriter in eigener Sache, Letzterer unter anderem auch bei The Tremolettes und Los Santos mit dabei.

 

Es ist ein, wie die Platte zeigt, kongeniales Duo: Eißlers Sinn für Melodie und Songwriting verbindet sich mit Brettschneiders gut geerdetem Sound-Fetischismus. Gemeinsam machen die beiden einen auf entspannten Slow-Jam zur Rhythm Ace, womit wir bei JJ Cale wären. Der hat die Drummachine nämlich auch genutzt (zum Beispiel hier), außerdem nennen Eißler und Brettschneider den König des Tulsa-Sounds explizit als Einfluss.

Besagten JJ-Cale-Sound haben BRTHR zu einer Art Minimal Retro verschlankt und auf Albumlänge gebannt. Am Dienstag ist im Theater Rampe Pre-Release-Konzert – das heißt, „Strange Nights“ (Jellyfant Records) gibt es bereits auf CD; die Vinyl-Version folgt im Winter. Soviel vorab: es ist ein wunderbares, weil äußerst stilsicheres Album geworden.

Ist das HipHop?

Töne kommen gleich im Opener „Build A House“ eher als farbige Tupfer vor, Gitarrenakkorde klingen wie gesampelt. Ist das HipHop? Nein, aber schon ziemlich deep down south, wo das Leben etwas langsamer fließt. „Die Kraft der Langsamkeit“ nennen die beiden das, man könnte auch Hinhörmusik sagen oder Entschleunigung. Zu der ausgerechnet die altertümliche Drummachine mit ihrem stoisch-minimalistischen Beat das Ihre beiträgt. Man habe sich ganz schön verkünstelt, um zumindest etwas Abwechslung in das Bum-Tschak zu bringen, geben die beiden Musiker zu Protokoll.

Langsam gespielte Songs lassen ohnehin viel mehr Raum für Virtuosität. Laut und schnell kann schließlich jeder; Spannung mit wenigen Tönen auf einem langsamen Grundschlag zu erzeugen und zu halten, ist Könnern vorbehalten. Mit dem künstlichen Schlagzeug hält das Duo auch die manchmal zu beobachtende Singer/Songwriter-Beliebigkeit auf Distanz. Diese Songs sind schon mehr als nur Musik für einen Samstagnachmittag im Buchladen.

Entsprechend findet der Ortstermin mit den BRTHRs auch nicht beim Wittwer statt, sondern am Marienplatz, wo Brettschneider einem, wenn er im Dienst ist, zur selbst aufgelegten Musik eine Pizza serviert – um sich danach in den Proberaum oder auf die Bühne zu verabschieden. „Kürzlich habe ich eine Mitfahrgelegenheit genutzt und war ganz schockiert, was im Mainstreamradio so läuft“, erzählt Brettschneider, „ich lebe hier halt schon in so einer Blase. Für uns ist bestimmte Musik ganz normal, die andere als die totale Nische empfinden.“ Sagt’s und berichtet, dass er zur Zeit am liebsten Hiss Golden Messenger höre. Uns hilft da nur noch Google.

Eher Deutschlandradio Kultur als SWR 3

Prognose: BRTHR bleiben nicht in der Nische. Dafür ist ihre Musik zu zugänglich. Letztlich erkennt man wahre Meisterschaft ja daran, dass sie sich nicht in Zitaten und Bezügen verliert – sondern die zu erkennen den Insidern überlässt und alle anderer Zuhörer trotzdem mitnimmt. Selbst wenn, wie Philipp Eißler vermutet, „unsere Musik dann eher bei Deutschlandradio Kultur liefe als bei SWR 3“.

Wie aber würde man SWR-3-Hörern BRTHR schmackhaft machen? „Super chillig!“, empfiehlt Eißler als Slogan. „So ein Quatsch!“, kommentiert Brettschneider. Ihm geht’s um die Musik, das ist in dem Fall eben Americana, und „die Szene ist in Deutschland relativ klein. Klar, die Originale leben in den USA“.

Jedenfalls machen Eißler (25) und Brettschneider (26) sehr erwachsene Musik für ein nicht zwingend altes Publikum. Das Theater Rampe ist für ihre Gigs der perfekte Rahmen, betonen die beiden. Da findet auch das Konzert am Dienstag statt, da haben die beiden zuletzt im Rahmen des Singles Club gespielt. Den veranstaltet Max Braun, der passenderweise auch das Album aufgenommen hat – und der bei der Release-Party am Dienstag auch in der erweiterten BRTHR-Band den Bass spielen wird. Dazu kommt Johann Polzer am Schlagzeug (und normalerweise, aber eben nicht diesmal, Franzi Schuster an der Orgel). „In dieser Besetzung schrammen wir auch manchmal knapp an der Tanzbarkeit vorbei“, erklären die beiden Musiker. Bum-Tschak!


Mehr zum Pop in der Region Stuttgart gibt's bei kopfhoerer.fm - auch auf Facebook.