Man muss allerdings nichts geraucht haben, um die Schönheit des Debütalbums „Senseless Presence“ von Tristan Rêverb zu erkennen. Am Samstag stellt die Schorndorfer Band es in einer sehr geeigneten Location vor.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Konzerte der Schorndorfer Band Tristan Rêverb sind immer ein bisschen eine Wundertüte, das gibt die Band selbst zu. Kein Wunder bei einer derart von Stimmung getragenen und beeinflussten Musik mit freien Strukturen und Arrangements; die Songs ließen sich, wenn man wollte, kaum zu Papier bringen: sie sind ein Popmusik gewordener Jam.

 

Tristan Rêverb – einst gegründet und klanglich dokumentiert als Soloprojekt, dann zur Band ausgewachsen – haben ihre Musik erstmals auf Albumlänge konserviert. „Senseless Presence“ heißt das Stück, das beim Stuttgarter Label Treibender Teppich Records als LP erscheint. Diesen Samstag ist in der Palermo Galerie in der Olgastraße, einst der Musikladen „Sound of Music“, Releasekonzert. Als Support ist JFR Moon angekündigt, der gegen 22 Uhr beginnen soll.

Die Umstände, unter denen die Musik von Tristan Rêverb aufgenommen oder aufgeführt wird, sind besonders wichtig. „In Südamerika würden wir anders klingen als in Alaska", glaubt Fabian Penzkofer, der bei Tristan Rêverb eine Tapemaschine bedient. Wie werden sie in der Palermo Galerie klingen? „Das ist ja ein riesiger Raum“, sagt Tristan Hall, „es ist schön, dass man aus den Fenstern rausschauen kann“. Der Sänger kündigt ein „sehr freies Set“ an, „aber wir werden ähnlich spielen wie auf der Platte“.

Auf der Platte ist neben der Musik das Heslacher Studio von Ralv Milberg klanglich verewigt: ein enger, unter anderem mit Bücherregalen zugestellter Raum, in dem eine sich drehende Discokugel permanent mosaiksteinhaftes Licht verbreitet.

Man hört in den Aufnahmen das Rauschen der Elektronik; es ist ein reichlich trockener Sound, der einen mit dem ersten Ton einlullt: das Schlagzeug eher gestreichelt als geschlagen, weiche Gitarren, Miles-Davis-Trompete, Rhodes-Piano, darüber ein sehr präsenter Gesang; man ist also klanglich irgendwo zwischen Discokugel und Sonnenaufgang.

Der erste Song, den das Publikum aus „Senseless Presence“ zu hören bekam und der das Album auch eröffnet, ist ein Jam „wie ein Sonnenaufgang“, das haben die Musiker selbst so gewollt. Zu der ebenfalls leicht wolkigen Musik gibt es ein wolkiges Video:

A liquid pearl of morning dew by Tristan Rêverb from Bruno on Vimeo.

Wer auf Konzepte steht, dem sei berichtet, dass jedes der 500 Plattencover ein Unikat ist: nämlich eine auf alte Cover per Siebdruck aufgebrachte Wolkentextur. In der Palermo Galerie werden zum Konzert und auch noch in den Tagen danach einige Dutzend dieser Cover-Unikate an die Wand gehängt. Wo sonst kann man sich als Plattenkäufer das Cover auswählen, das einem am besten gefällt?

Aber die Band spielt ihre Songs ja auch immer so, wie sie ihnen im jeweiligen Moment am besten gefällt. Entsprechend „packt einen diese Musik nur, wenn man sich drauf einlässt. Wir lassen uns auf den Ort ein, das Publikum lässt sich auf uns ein“, sagt Tristan Hall. Wie geht das am besten? „Kiffen!“, ruft Paul Abbrecht. Ja, das wäre eine Möglichkeit. Einfach zuhören eine andere. „Wichtig ist, dass man schweben kann“, sagt Tristan Hall, „schlecht drauf sein hilft nicht, Smartphone ausschalten schon.“

Dass sich die Band als „weichere Variante der Stuttgarter Szene“ beschreibt, ist eine schöne Formulierung. Tristan Rêverb zählen nicht zu den üblichen Nordbahnhof-Verdächtigen. Sind in ihrem freien, auf Sound und Atmosphäre gründenden Ansatz aber anschlussfähig und haben mit einzelnen Protagonisten der besagten Stuttgarter Szene zusammengearbeitet. Man schätze dieselbe „Grundästhetik, die Liebe zum Detail, auch zu internationaler Musik“, sagt Tristan Hall.

Und tatsächlich würde sich diese Schwebemusik gut machen im, sagen wir, Moma in New York. „Warum nicht?“, fragen die Musiker einhellig, „aber es wird wohl schon eher auf das herauslaufen, was alle in dem Genre machen: kleine Läden in vielen Städten“. Vielleicht irgendwann auch in den USA? „Da ist eher unser Publikum“, glaubt Tristan Hall.

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