Im Duell gegen den Ex-Stadtrat Roland Schmid um die Landtagskandidatur hat Alexander Kotz den Kürzeren gezogen. Doch das Amt des CDU-Fraktionschefs will ihm deshalb niemand streitig machen.

Stuttgart - Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann schien zufrieden: „Die CDU Stuttgart hat gezeigt, dass sie die einzig verbleibende Volkspartei in Stuttgart und Baden-Württemberg ist. Die Mitglieder haben ein starkes Bewerberfeld erlebt und konnte zwischen hochqualifizierten Bewerbern auswählen. Am Ende haben wir Kandidaten aus der Mitte der Gesellschaft gewählt, die eine gute Mischung aus Erfahrung und neuem Schwung darstellen“, resümierte der Kreis-Parteichef nach der Nominierung der Landtagskandidaten für die vier Stuttgarter Wahlkreise (die StZ berichtete).

 

Ganz so glücklich, wie er den Anschein zu erwecken versuchte, dürfte Kaufmann nicht gewesen sein. Zwar hat sich die von ihm protegierte Kandidatin Stefanie Schorn im Filderwahlkreis gegen ihre Mitbewerberin, Kaufmanns Intimfeindin Iris Ripsam, durchgesetzt. Im Neckarwahlkreis freilich triumphierte mit dem Ex-Stadtrat Roland Schmid ein konservativer Christdemokrat alter Prägung, der so gar nicht in das von Kaufmann propagierte Image der modernen Großstadtpartei CDU passen will. Noch mehr dürfte es den mit einem Mann verheirateten Kaufmann zu schaffen machen, dass die CDU mit Karl-Christian Hausmann ausgerechnet einen Mann als Ersatzbewerber im Wahlkreis IV nominierte, der bei Demos gegen die im Bildungsplan der Landesregierung verankerte „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ gemeinsam mit Rechtspopulisten und Vertretern der sogenannten Neuen Rechten gegen vermeintliche Zwangssexualisierung und Umerziehung von Kindern streitet.

Niederlage hat auch eine befreiende Wirkung

Der Sieg des Duos Schmid/Hausmann kommt also durchaus einer Niederlage für Kaufmann gleich. Eine Niederlage war das Wahlergebnis im Neckarwahlkreis aber vor allem für den Chef der CDU-Ratsfraktion, Alexander Kotz, der gegen den dreifachen Familienvater Schmid das Nachsehen hatte. Der 44-Jährige, wie Kaufmann bekennender Homosexueller, war am Montag freilich bemüht, der Niederlage gegen Schmid Positives abzugewinnen. Das Amt des CDU-Fraktionschefs im Rathaus mache ihm viel Spaß und biete durchaus manches, worauf man als Hinterbänkler im Landtag verzichten müsse. „In Aufsichtsrat der BW-Bank als Stadtrat mit Wirtschaftsführern auf Augenhöhe zu diskutieren oder bei Architektenwettbewerben mitzuentscheiden ist etwas, was ich als einfacher Landtagsabgeordneter vermisst hätte“, so Kotz. Zugleich machte er deutlich, dass Niederlagen auch befreiend wirken können: „Ich habe den Mitgliedern versprochen, den Wahlkreis für die CDU zurückzugewinnen – Roland Schmid auch. Er muss dieses Versprechen jetzt einlösen.“

Gleichwohl ist die Niederlage bei der Bewerberkür für den Landtag ein Dämpfer für den bislang erfolgsverwöhnten Fraktionschef, unter dem die CDU bei der Kommunalwahl 2014 wieder zur stärksten Kraft im Rathaus avancierte und der sich dabei den Titel des „Stimmenkönigs“ sichern konnte. „Jetzt hat er gemerkt, dass auch für ihn die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, kommentiert ein CDU-Fraktionsmitglied. An Kotz’ Chefsessel in der Fraktion will freilich niemand sägen – im Gegenteil. Bei der Rathaus-CDU ist durchaus auch Erleichterung darüber zu spüren, dass der Fraktion nun neue Machtkämpfe um die Führungsrolle erspart bleiben – zumal sich keiner der Stadträte bisher als potenzieller Nachfolger aufgedrängt hat. Dementsprechend hatte es schon im Vorfeld der Nominierung entsprechende Loyalitätsadressen für Kotz gegeben.