Algeriens Präsident Bouteflika kann von der Macht nicht lassen: Er will im April bei den Präsidentschaftswahlen noch einmal antreten. Die Jugend des Landes interessiert das schon lange nicht mehr: Sie sucht ihre Zukunft woanders.

Algier – Seit seinem Schlaganfall im letzten Sommer war er nur noch dreimal kurz im Fernsehen zu sehen. Niemand weiß, ob Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika überhaupt noch richtig sprechen kann. Er sitzt im Rollstuhl, öffentliche Reden hält er längst nicht mehr. Und dennoch ließ der 76-Jährige verkünden, er werde bei den nächsten Präsidentschaftswahlen am 17. April erneut antreten. Seit 15 Jahren steht Bouteflika an der Spitze des ölreichen Mittelmeeranrainers, in dem niemand weiß, wer wirklich die Mächtigen sind. „Le Pouvoir“, oder „die Macht“, nennt die Bevölkerung das gesichtslose Geflecht aus Militärs und Geheimdienstlern, die seit den „dunklen Jahren“ des blutigen Bürgerkriegs zwischen 1992 und 2000 die Strippen ziehen. „Ich bin kein Drei-Viertel-Präsident“, brüstete sich Bouteflika nach seiner ersten Wahl im April 1999. Doch wirklich aus den Fängen der Generalität konnte sich der Staatschef nie befreien.

 

Seit der Unabhängigkeit 1962 dominiert die Nationale Befreiungsfront (FLN) das politische Leben Algeriens, hervorgegangen aus der einstigen Befreiungsbewegung gegen die französische Kolonialherrschaft. Die betagten Helden jedoch haben in den letzten 50 Jahren kein Rezept gefunden, ihr Land in jüngere Hände zu übergeben. 30 Prozent der 37 Millionen Einwohner wollen nur eins – weg aus Algerien, wo sie für sich keine Perspektive mehr sehen. 11 000 Protestmärsche gegen Arbeitslosigkeit, Stromausfälle, Wohnungsmangel und Behördenwillkür zählte die Polizei allein seit dem Arabischen Frühling 2011, ohne dass dies irgendetwas bewegt hätte.

Der Machtkampf hinter den Kulissen allerdings tobt immer lauter, je schwächer Bouteflika wird. FLN-Generalsekretär Amar Saadani etwa forderte Geheimdienstchef Mohamed Madiène, der seit 23 Jahren an der Spitze der Behörde steht, offen zum Rücktritt auf – für Algerien ein spektakulärer Tabubruch. Auch die Allmacht des Militärs wird immer heftiger diskutiert. Neben Bouteflika haben sich bisher mehr als 80 Kandidaten registrieren lassen. Die besten Chancen werden Ali Benflis eingeräumt, einem Menschenrechtler und Intellektuellen. Der 69-Jährige war von 1999 bis 2004 Regierungschef unter Bouteflika. Die Islamisten dagegen kündigten an, die Wahl zu boykottieren.