Straßenbahnfahrer haben einen verantwortungsvollen Job. Wie kann es sein, dass einer trotzdem angetrunken - wie wohl in Köln - am Steuerknüppel sitzt?

Köln - Millionen Menschen nutzen täglich Busse und Bahnen und vertrauen darauf, dass der Fahrer umsichtig - und nüchtern - fährt. Trotzdem: Ein Straßenbahnfahrer, der in der Kölner Innenstadt auf einen anderen Zug auffuhr, stand wohl unter Alkohol-Einfluss. Rund 40 Menschen wurden in der Nacht zu Freitag verletzt, fast alle leicht. Der Fall hat aber schwer aufgeschreckt. Wie lässt sich verhindern, dass sich jemand angetrunken ins Fahrerhaus an den Steuerknüppel setzt? Was tun die Verkehrsbetriebe?

 

Prävention, Kontrolle und medizinische Checks gehören zu den Standards, heißt es etwa bei der Rheinbahn in Düsseldorf: „24 Stunden vor Fahrtantritt darf kein Alkohol getrunken werden. Das heißt: 0,0 Promille, und da gibt es auch keinen Rabatt“, sagt Sprecher Georg Schumacher.

Regelmäßige Untersuchungen, unangemeldete Kontrollen

Regelmäßig würden die Fahrer medizinisch kontrolliert. „Leberwerte, großes Blutbild, alles. Da wird ganz genau hingeschaut, ein Alkoholproblem wäre nicht zu verstecken.“ Sollte es einen Verdacht geben, könnten die Untersuchungen im Monatsturnus wiederholt werden. „Teil des normalen Alltags ist auch, dass wir unsere Fahrer unangemeldet kontrollieren, ein Stück mit ihnen fahren, intern prüfen, ob alles okay ist.“

Bei den Kölner Verkehrs-Betrieben - ein KVB-Mitarbeiter hatten den Unfallwagen gesteuert - werden die Straßenbahnfahrer nach Angaben von Betriebsrat Heinz Breuer spätestens alle zwei Jahre vom medizinischen Dienst gecheckt. Ein Alkoholproblem würde da definitiv auffallen, meint er. „Die Kontrolle der KVB-Fahrer erfolgt engmaschiger als es rechtlich vorgeschrieben ist.“

Bundesweit maßgebend ist die BOStrab - eine Verordnung für den Straßenbahnbetrieb. Sie verlangt, dass Fahrer alle drei Jahre auf ihre geistige und körperliche Eignung untersucht werden müssen. Können sie das erforderliche Gutachten nicht vorweisen, dürfen sie nicht auf dem Fahrersitz Platz nehmen.

100-prozentige Gewissheit gibt es nicht

Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gibt es stichprobenartig unangekündigte Kontrollen auf Alkohol und Drogen. „Wenn ein solcher Test positiv ausfiele, würde das zur Entlassung führen“, betont eine Sprecherin. Das Unternehmen erinnere die Fahrer immer wieder an ihre hohe Verantwortung, dass das Wohl der Fahrgäste immer an erster Stelle stehen müsse. Dennoch: Eine 100-prozentige Gewissheit, dass sich alle immer korrekt verhalten, gebe es nicht.

Bei der Hamburger Hochbahn ist es Aufgabe der Vorgesetzten, auf mögliche Anzeichen für Alkohol- oder Drogenkonsum zu achten. „Wenn ein Verdacht besteht, werden unangekündigte Kontrollen gemacht“, berichtet eine Sprecherin. In der jüngeren Vergangenheit habe es bei der Hochbahn keine entsprechenden Vorfälle gegeben.

Die KVB zeigte sich „tief erschüttert“ angesichts des schweren nächtlichen Unfalls in der Millionenstadt. Man sei schockiert, dass ein wohl alkoholisierter Mitarbeiter am Steuer gesessen habe. Bisher habe es das noch nie gegeben, beteuert das Unternehmen und verspricht lückenlose Aufklärung. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, in dem rund 450 Nahverkehrs-Unternehmen organisiert sind, will sich zunächst nicht zu möglichen Präventions-Maßnahmen der Branche äußern.

Hohe Belastung und Personalmangel

Axel Schad, Vorsitzender der Nahverkehrsgewerkschaft NAHVG, spricht von einem Einzelfall. „Wir sind alle sehr irritiert, dass so etwas passieren kann.“ Warum der Fahrer offenbar vor seinem Dienstantritt Alkohol getrunken habe, wisse er zwar nicht, aber: „Grundsätzlich gibt es einige Faktoren, die man berücksichtigen sollte.“ Dazu gehörten anstrengende Schichtdienste, hohe Belastung, Stress und Personalmangel.

Das Kontrollsystem hält Schad für gut und ausreichend. Die Fahrer achteten zudem gegenseitig auf sich: „Wenn ein Kollege blass, krank, angeschlagen wirkt, sprechen wir das an, da haben wir ein hohes Verantwortungsbewusstsein.“