Alkoholisiert auf einem einachsigen Elektroroller unterwegs – geht das überhaupt? Offensichtlich hat einer in Stuttgart das hingekriegt. Doch das geht gar nicht!

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Da staunte eine Polizeistreife nicht schlecht: Im Hospitalviertel war ein Mann auf einem Segway unterwegs – und ließ sich dabei auch nicht von hohen Promillewerten ins Wanken bringen. Vielleicht hielt er aber auch gerade deshalb so geschickt die Balance. Bei dem einachsigen Elektro-Gefährt handelte es sich nicht um ein Modell mit Stange und Haltegriff, sondern um eine neuartige Version mit Stummel, der mit den Knien gelenkt wird.

 

Stuttgarts erster Alkoholsündenfall auf dem selbstbalancierenden Elektrofahrzeug spielte sich am Montag kurz nach 21 Uhr in der Büchsenstraße ab. Dabei spielte zunächst nicht der Alkohol eine Rolle – sondern das fehlende Zulassungsschild an dem Segway Robotics. Dieses Versicherungskennzeichen – ähnlich dem für Mofas – ist für die Elektromobile vorgeschrieben, weil sie mit über sechs Kilometern pro Stunde per Eigenantrieb unterwegs sind. „Bei dieser Kontrolle bemerkten die Beamten dann einen deutlichen Alkoholgeruch“, sagt Polizeisprecher Stephan Widmann.

Der Mann aus Belgien muss zahlen

Ein Atemalkoholtest ergab mehr als 1,1 Promille – für Autofahrer würde das eine absolute Fahruntüchtigkeit und eine strafbare Handlung bedeuten. Offensichtlich schien dies den 40-Jährigen aber nicht aus der Balance zu bringen. Einerseits beachtlich, andererseits bedenklich. Dabei gelten für Segways fast die selben Regeln wie für Autofahrer. Dem Sünder droht ein Bußgeld oder gar eine Geldstrafe wegen Trunkenheit im Straßenverkehr sowie möglicherweise der Entzug seiner Fahrerlaubnis.

„In diesem Fall handelte es sich allerdings um einen ausländischen Touristen“, sagt Polizeisprecher Widmann. Weil der Mann aus Belgien keinen festen Wohnsitz in Deutschland hat, musste er für die zu erwartende Strafe eine Sicherheitsleistung über mehrere Hundert Euro bezahlen.

Deutsche Führerscheinbesitzer sollten aufpassen, wenn sie sich in Bierlaune mit einachsigen Elektrofahrzeugen auf den Weg machen wollen. Als Radfahrer wäre mit 1,6 Promille die Toleranzschwelle der Strafbarkeit überschritten – bei Segways sind 1,1 Promille der Grenzwert zum Führerscheinentzug. Dies jedenfalls hat im Dezember 2016 ein 50-Jähriger vom Oberlandesgericht in Hamburg ins Stammbuch geschrieben bekommen (Aktenzeichen 1 Rev 76/16).

Der Führerschein ist leicht in Gefahr

Doch: „Die Rechtssprechung ist da nicht einheitlich“, sagt Heiner Römhild, Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Es gebe auch Urteile, bei denen die Fahruntüchtigkeit bei 1,6 Promille angesetzt wird. „Das Argument lautet, dass die Gefährlichkeit eines Segways nicht mit einem Pkw zu vergleichen sei“, so Römhild. Der Mann aus Belgien kommt erst einmal mit einem blauen Auge und einer Blutprobe davon. Es wird nun erst einmal geprüft, ob 1,1 oder 1,6 Promille vorliegen müssen, damit der Staatsanwalt einen vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis für Deutschland beantragt.

Übrigens: Noch braucht es für Segways „mindestens den Mofaführerschein“, sagt Stadtsprecher Martin Thronberens. Das Mindestalter ist 15 Jahre. Für das Ordnungsamt sind die Elektro-Gefährte „eine Mobilitätshilfe im Sinne der Mobilitätshilfenverordnung“, so Thronberens. Laut ADAC müssen die Gefährte auf Fahrradwegen oder Schutzstreifen fahren. Auf Gehwegen und in Fußgängerzonen sei eine Sondergenehmigung notwendig. Für die sogenannten Hoverboards, also Bretter ohne jegliche Haltegriffe, gibt es für den Straßenverkehr keine Zulassung.