In Sachen Alkoholverbot werfen die Christdemokraten Regierungschef Winfried Kretschmann schlechten Stil vor. Er setze eine Arbeitsgruppe, verwerfe aber deren wichtigstes Ergebnis, noch ehe darüber beraten sei.

Stuttgart - Wieder einmal das Alkoholverbot: Die oppositionelle CDU hatte am Donnerstag das Thema auf die Tagesordnung des Landtags gehoben, um ihren Unmut über das Verhalten der grün-roten Koalition in dieser Frage zu Protokoll zu geben. Der letzte Satz in der Rede des Abgeordnete Thomas Blenke war denn auch der zentrale: „Wir fühlen uns von ihnen verschaukelt“, klagte der CDU-Mann, der Mitglied in einer vom Runden Tisch des Staatsministeriums eingesetzten Arbeitsgruppe gewesen war. Die Arbeitsgruppe hatte unter anderem vorgeschlagen, dass das Landesparlament die Kommunen per Gesetz ermächtigen möge, bei Bedarf zeitlich und örtlich beschränkte Alkoholkonsumverbote zu verhängen, um notorische Trinkerszenen auszutrocknen. Doch noch ehe der Vorschlag der Experten am Runden Tisch beraten werden konnte – die nächste Sitzung ist für Januar oder Februar vorgesehen – räumte ihn Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schon wieder ab. Man werde erst mit anderen Mitteln versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen, ließ Kretschmann unlängst verlauten. Wenn innerhalb von zwei Jahren keine Besserung eingetreten sei, könne man erneut darüber reden.

 

Trinkgelage in den Innenstädten

Nun fühlt sich die CDU brüskiert. Keine 24 Stunden, nachdem die Arbeitsgruppe einen Acht-Punkte-Katalog vorgeschlagen habe, kritisierte Blenke, werde ein wesentlicher Bestandteil vorab vom Ministerpräsidenten wieder eingesammelt. „Das ist ein verdammt schlechter Stil.“ Wieder einmal zeige sich, dass die Politik des Gehört Werdens schnell ende, wenn der Gehörte anderer Meinung sei. Dabei entwickelten sich zumal im Sommer viele Innenstädte zu Schauplätzen öffentlicher Trinkgelage. Nicht nur würden Anwohner um ihren Schlaf gebracht, sondern auch Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und Widerstandsdelikte gegen Polizisten nähmen zu. „Glasscherben auf Kinderspielplätzen, öffentliches Urinieren, vermüllte Plätze verschandeln die Innenstädte“, sagte Blenke. Für die Regierungsfraktionen sind diese Vorwürfe unangenehm, weil sich sowohl Regierungschef Kretschmann als auch Innenminister Reinhold Gall (SPD) für die Alkoholverbote ausgesprochen hatten, von ihren Parteien aber zurückgepfiffen wurden. Auch die Grünen-OBs von Freiburg und Tübingen, Dieter Salomon und Boris Palmer, äußerten sich in diesem Sinne.

Die Antworten der Regierungsfraktionen fielen gewunden aus. Der Grünen-Abgeordnete Josef Frey warf dem CDU-Kollegen Blenke vor, dieser werfe mit Schmutz, mache Krawall, polarisiere und politisiere. Indes traf nichts von alledem auf Blenkes Rede zu – mit Ausnahme des Politisierens. Was aber wiederum die Frage an den Abgeordneten Frey aufwarf, was er denn vom Landtag erwarte, wenn nicht das Politisieren. Inhaltlich sagte Frey, Alkoholverbote kämen aus Rechtsgründen allenfalls für vielleicht zehn Städte in Frage.

Die CDU brachte zu Regierungszeiten auch nichts hin

Dies betonte ebenso SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, welcher der CDU vorwarf, dass sie die Bekämpfung der Trinkerszenen auf die Alkoholverbote verenge. Dies beklagte auch Innenminister Reinhold Gall. Schmiedel wiederum versäumte nicht darauf hinzuweisen, dass die CDU als Regierungspartei bis zu ihrer Abwahl 2011 selbst nicht in der Lage gewesen war, eine gesetzliche Grundlage für Alkoholverbote zu schaffen. Der Regierungspartner FDP widersetzte sich damals beharrlich diesem Ansinnen.

Auch am Donnerstag sprach Ex-Justizminister Ulrich Goll (FDP) von einer „symbolischen Diskussion“. Angesichts des gigantischen Polizeiaufwands, der regelmäßig bei den Volksfesten auf dem Cannstatter Wasen nötig sei, zeige doch eine „doppelte Moral, wer sich hier entrüstet und dort auf den Bierbänken steht“.