Vor allem die Gemeinden wollen zeitlich und örtlich begrenzte Alkoholverbote erlassen dürfen. Der Runde Tisch des Ministerpräsidenten zur Bekämpfung der Saufgelage blieb trotzdfem ohne konkrete Ergebnisse. Jetzt wird erstmal allerhand geprüft.

Stuttgart - Der Runde Tisch hat gekreißt – und gebar eine Arbeitsgruppe. Auf Initiative des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann versammelten sich am Donnerstag im Staatsministerium Politiker, Kommunalvertreter, Wissenschaftlicher und Polizeipraktiker, um über die Möglichkeiten und Grenzen von Alkoholverboten zu sprechen. Vor allem die Vertreter von Städten und Gemeinden, so berichtete Regierungschef Kretschmann im Anschluss an das Treffen, drangen darauf, zeitlich und örtlich begrenzte Alkoholverbote zu ermöglichen. Kretschmann wäre dazu bereit, ebenso Innenminister Reinhold Gall (SPD) – doch bisher machen ihre Parteien nicht mit. Und es gibt auch keine Anzeichen, dass sich dies so schnell drehen könnte.

 

Kretschmann will dennoch nicht locker lassen. „Das wäre nicht der erste Parteitagsbeschluss der Welt, der nochmals geändert würde“, sagte er. Konkret verabredet wurde bei dem Runden Tisch, zu dem die Opposition in Gestalt ihrer Partei- und Fraktionsvorsitzenden aufmarschiert war, indes lediglich die Einsetzung einer Arbeitsgruppe. Diese habe den Vorteil, sagte Kretschmann, dass dort Sachargumente gesammelt und nicht Parteimeinungen ausgetauscht würden. „In einer Arbeitsgruppe kann niemand sagen: ‚Aber meine Partei ist dagegen’.“

CDU schlägt Modellversuch vor

Was aber soll die Arbeitsgruppe leisten? Zunächst einmal schauen, was mit Sozialarbeit und anderen Präventionsprojekten zu erreichen ist. „Da existiert vieles unverbunden nebeneinander her“, sagte Kretschmann. „Best-Practice-Beispiele sollen gesammelt werden. Zweitens bleiben die pauschalen Alkoholverbote zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Gegenden – wie es in Freiburg vorübergehend bestand – auf der Tagesordnung. Die CDU schlug vor, ein solches Verbot auf drei Jahre befristet zu erlassen. Alternativ kämen auch Modellprojekte in Frage. In beiden Fällen könne im Anschluss bewertet werden, ob ein Verbot taugt oder nicht. Innenminister Gall sagte zu, rechtlich prüfen zu lassen, ob ein Modellversuch möglich ist, ohne das Polizeigesetz zu ändern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann fügte hinzu, es sei auch denkbar, die Sperrzeiten der Gaststätten wieder zu verschärfen.

Ebenfalls geprüft, wenn auch mit nur beschränkten Aussichten auf Umsetzung, wird der von der Stuttgarter Zeitung publik gemachte Vorschlag, Platz- beziehungsweise Betretungsverbote für randalierende Trinker im Polizeigesetz zu verankern. Dieser Plan war in Tübingen im Zusammenspiel von Oberbürgermeister Boris Palmer mit der örtlichen Polizei entstanden. Ein neuer Paragraf 27 b im Polizeigesetz soll bestimmen: „Die Polizei kann einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet unter dem Einfluss von Alkohol oder sonstiger berauschender Mittel zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person unter dem Einfluss berauschender Mittel eine Gefahr verursachen wird.“

Bewertung entlang der Parteilinien

Dieser Vorschlag wird freilich von Teilen der Grünen abgelehnt. Auch der CDU-Fraktionschef Peter Hauk hält ihn für nicht praktikabel. Außerdem handle es sich um einen „massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den wir nicht mittragen“. Das geht Hans-Uli Sckerl, dem parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, zu weit. Er verlangte, Palmers Vorstoß zu prüfen. „Mit künstlich aufgeputschten Debatten, in denen neue Vorschläge reflexhaft abgelehnt werden, tun wir uns keinen Gefallen.“ Wundermittel gebe es keine.

Die Bewertung des Runden Tisches verlief erwartungsgemäß entlang der Parteilinien. Der Regierungschef sprach von einer „sehr lebendigen, sachorientierte Debatte“. Der CDU-Landeschef Thomas Strobl zeigte sich hingegen enttäuscht, sicherte dem Ministerpräsidenten aber beim Versuch, „ein Stück-CDU Politik zu verwirklichen“, seine Unterstützung zu. Die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger sagte: „Das Treffen ging aus wie das Hornberger Schießen.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke versprach, weitere Vorschläge „unvoreingenommen“ zu prüfen.