Unverträglichkeiten bei Hunden nehmen zu. Der Berliner "Plätzchenprinz" Matthias Schellhorn backt Leckerli für Vierbeiner mit Allergien und verkauft sie deutschlandweit im Netz. Auf die Idee gebracht hat ihn sein Dackel Kalle.

Berlin - Rind, Schwein, Ente und noch einige andere Dinge: Die Liste dessen, was Dackel Kalle nicht essen darf, ist ganz schön lang. Und damit ist er nicht allein. „Unverträglichkeiten bei Hunden nehmen zu“, sagt Anne Posthoff, Fachtierärztin für Klein- und Heimtiere aus Besigheim nördlich von Stuttgart. Die Symptome: Die Hunde bekommen Hautprobleme oder manchmal auch Durchfall.

 

Damit Dackel Kalle davon verschont bleibt, schaute sein Berliner Besitzer Matthias Schellhorn im Futterladen ganz genau auf die Etiketten. „Ich wollte Leckerli für Kalle kaufen“, erinnert sich der 46-Jährige. „Aber es gab nichts, was ich hätte kaufen können.“ Die Liste von Kalles Unverträglichkeiten war einfach zu lang.

Der Konditormeister wird zum Hundebäcker

Also nahm Schellhorn die Sache selbst in die Hand. Als gelernter Bäcker und Konditormeister kannte er sich mit leckerem Gebäck schließlich aus. Er kaufte eine Tüte Reismehl, experimentierte zu Hause mit verschiedenen Zutaten – und wurde so vom Menschen- zum Hundebäcker.

2013 war das, als Schellhorn den Dackel Kalle von seiner Mutter geerbt hatte, die an Krebs gestorben war. In den letzten Monaten ihres Lebens hatte Schellhorn eine Facebook-Gruppe für Kalle gegründet. „So konnte ich mit meiner Mutter über den Hund unterhalten und wir mussten nicht über die Krankheit sprechen“, sagt Schellhorn. Die Mitglieder und seine Freunde seien von den Hundekeksen begeistert gewesen. Dackel Kalle erlangte als „King Kalle“ auf Facebook Kult-Status, nachdem eine Nutzerin ihm einen Königsmantel genäht hatte. Schellhorn suchte sich einen Laden in der Nähe von seinem Zuhause in Berlin-Wilmersdorf und machte sich im Mai 2015 als Hundebäcker selbstständig. Heute nennt Schellhorn sich „Plätzchenprinz“ und hat den Namen sogar als seinen offiziellen Künstlernamen eintragen lassen.

Leckerli für frischen Atem

In seiner „Hundekekserei Königsplätzchen“ verwendet Schellhorn nach eigenen Angaben nur Bio-Zutaten und kein Weizenmehl. Etwa 15 verschiedene Kekssorten, die Schellhorn mit seinem Online-Shop auch deutschlandweit versendet, bietet der Bäcker an. 100 Gramm kosten je nach Sorte etwa zwischen drei und vier Euro. „Kallefresh“-Kekse zum Beispiel enthalten Kräuter und sollen Hunden zu frischem Atem verhelfen. Zur Weihnachtszeit backt Schellhorn „Marzipanmonde“, die auch den Menschen schmecken, aber weniger süß sind als gewöhnliche Kekse für Zweibeiner. Alle Kekse sind ohne Fleisch. Das sei sinnvoll, sagt Tierärztin Anne Posthoff, denn das Eiweiß in verschiedenen Fleischsorten sei der Bestandteil im Futter, gegen den Hunde am häufigsten allergisch sind.

Mit seinem Laden trifft Schellhorn den Geist der Zeit. „Lifestyle-Produkte für Hunde liegen im Trend“, sagt Posthoff. Noch vor zehn Jahren sei es häufiger vorgekommen, dass Menschen ihre Hunde vernachlässigen und sie zum Beispiel an der Kette halten. Das gebe es vereinzelt natürlich immer noch. „Insgesamt ist der Trend aber umgeschlagen. Heute halten viele Menschen Hunde eher als Kinderersatz und widmen der Futterauswahl enorm viel Zeit und Energie.“

Zucker für Hunde? Nur in Maßen

Manches davon, so Posthoff, „schießt sicher über das Ziel hinaus“. Glutenunveträglichkeit etwa sei bei Hunden extrem selten. Posthoff warnt auch vor „Barf“, einem neuen Trend, bei dem Hunde nur mit rohem Fleisch und Knochen gefüttert werden. „Vor allem bei jungen Hunden kann das sogar gesundheitsschädlich sein“, sagt Posthoff. Hundekekse dagegen seien meist unbedenklich. Zwar sollten Hunde nicht viel Zucker essen. Was aber viele Hundehalter nicht wissen: Auch in herkömmlichen Leckerli ist oft sehr viel Zucker enthalten. „Frolix-Sticks bestehen praktisch nur aus Zucker“, sagt Posthoff.

Dackel Kalle in Berlin schmaust meistens die „Kalle Free“-Kekse aus Sojamehl, Reismehl und Sonnenblumenkernen. Am Anfang wollte Schellhorn den Dackel seiner Mutter auf keinen Fall zu sich nehmen. „Kalle stand immer an erster Stelle“, sagt Schellhorn. Das habe ihn genervt. Drei Jahre später ist Kalle ein vollwertiges Familienmitglied - und ein Foto von ihm, als König verkleidet, prangt in Schellhorns Laden in Berlin zwischen vielen kleinen Kekstüten im Regal.