Hausstaub, Gräser, Pollen, Lebensmittel: natürliche Reize von harmlosen Stoffen machen Allergikern zeitweise das Leben zur Qual.

Stuttgart - Man kann auf alles mögliche allergisch reagieren: Auf natürliche oder künstlich zugesetzte Stoffe im Essen, auf Pollen, Tierhaare, den Stich von Bienen und Wespen oder auf Milben im Hausstaub. Bis heute sind mindestens 20.000 allergisch wirkende Substanzen wissenschaftlich belegt. Manch einer glaubt gar, allergisch auf seine Mitmenschen zu reagieren - wobei das wissenschaftlich keine Relevanz hat. Weltweit suchen Forscher nach den Ursachen der Allergien und was man dagegen tun kann.

Tilo Biedermann von der Hautklinik am Tübinger Universitätsklinikum beschäftigt sich sowohl theoretisch als auch praktisch mit Allergien: In seiner Sprechstunde behandelt er leidgeplagte Patienten, in seinem Labor fahndet er nach den Gründen für die allergische Reaktion des Körpers. Bei der Leser-Uni wird der Tübinger Mediziner in seinem Vortrag unter dem Titel "Allergien: Eine Volkskrankheit der entwickelten Welt" auch nicht nur die drängendsten Fragen beantworten.

Was ist eine Allergie?
Eine Allergie ist eine überschießende Reaktion des Immunsystems gegenüber bestimmten körperfremden Substanzen der Umwelt. Der Körper reagiert übertrieben, weil das körpereigene Immunsystem auf Fremdstoffe, etwa Pollen anspricht, die anders als Krankheitskeime eigentlich gar nicht gefährlich sind. Bei den meisten Allergenen handelt es sich um Eiweißsubstanzen tierischer oder pflanzlicher Herkunft, beispielsweise von Blütenpollen, Milben und Schimmelpilzen. Doch prinzipiell kann jeder Stoff in unserer Umwelt zum Auslöser einer Allergie werden - vom Apfel bis zur Zwiebel, vom Angorafell bis zur Zahnpasta.

Welche Organe sind betroffen?
Eine Allergie beginnt meist schon früh im Leben, oft reagieren bereits Säuglinge: Das Immunsystem eines Neugeborenen muss sich erst entwickeln. Nach und nach lernen die körpereigenen Abwehrmechanismen, den Organismus gegen fremde Stoffe zu schützen. Zudem ist die Darmschleimhaut eines Kindes nach der Geburt noch recht durchlässig. Allergen wirkende Fremdstoffe können deshalb sehr leicht in den Körper des Babys eindringen und das Immunsystem zu einer überschießenden Produktion von Antikörpern anregen. Nach zwei bis vier Jahren wechselt die Allergie auf die Haut. Die Kinder leiden unter Neurodermitis. Und weitere Jahre später sind die Atemwege betroffen, erst die oberen Bereiche, dann die Lunge: Experten bezeichnen dies als den sogenannten Etagenwechsel. Allerdings muss nicht jeder Allergiker zwangsläufig jeden Organwechsel mitmachen.