Ivo Gasner aus dem Kreis Ludwigsburg hat im Kampf gegen die Pollen seine ganz eigene Strategie gefunden. Was ihm gegen Schnupfen und juckende Augen hilft. Und welche Tipps die Experten geben.

Ludwigsburg : Anna-Sophie Kächele (ask)

Wenn Ivo Gasner morgens mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, trägt er eine FFP2-Maske, eine Fahrradbrille und die Kapuze seiner Jacke über dem Helm. Das Ziel: mit möglichst wenig Pollen in Berührung kommen. Der Ingenieur leidet, seit er 15 Jahre alt ist, an Heuschnupfen. In den vergangenen Jahren reagiert er verstärkt auf Birken- und Haselnusspollen. Die Symptome: juckende Augen, eine laufende Nase, Abgeschlagenheit und gelegentlich Kopfschmerzen. Laut Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gehört er damit zu einem Viertel der deutschen Bevölkerung, die allergisch auf Pollen reagieren. Der Körper kämpft dabei gegen harmlose Allergene. Das Immunsystem bildet Antikörper, die sich an bestimmte Zellen binden. Kommt es erneut zum Kontakt mit dem Allergen, können diese Zellen chemische Stoffe wie Histamin freisetzen. Diese wiederum lösen die allergischen Reaktionen aus. „Allergien schlauchen mich, machen mich müde, und dadurch werde ich auch ungehaltener“, beschreibt Gasner seine weiteren Symptome.

 

Was hilf gegen Heuschnupfen?

Um nicht zu den antiallergischen Nasensprays, Augentropfen und Tabletten greifen zu müssen, passt Ivo Gasner seinen Alltag an. Morgens nutzt er eine Allergieapp, die ihm Auskunft über den Pollenflug gibt. „Und ich schau nach draußen auf die Bäume und das Wetter“, erzählt er. An Tagen mit viel allergieauslösenden Partikeln in der Luft bleibt er auch mal zu Hause und verzichtet auf den Spaziergang.

Im Internet kursieren einige Tipps, welche Lebensmittel gegen eine allergische Reaktion helfen. „Wunschdenken“ – sagt Isabel Gahlen, Allergologin in Ludwigsburg. „Pollenallergien bestehen unabhängig von der Nahrung, es können sich aber sogenannte Kreuzallergien entwickeln“, sagt sie. Menschen mit einer Birkenpollenallergie würden dann allergisch auf rohe Karotten oder Steinobst reagieren, bei einer Haselpollenallergie auf Haselnüsse. Diese Nahrungsmittel müsse man dann strikt meiden, weil die Reaktionen zu einem allergischen Schock führen könnten.

Warum leiden immer mehr Menschen an Heuschnupfen?

Dass immer mehr Menschen an Pollenallergien leiden, liegt an den „Umweltschadstoffen in der Luft, die zu einer Irritation der Schleimhäute führen“, sagt Gahlen. Allergien würden sich so besser manifestieren können. Auch Zigarettenrauch gehört laut dem Gesundheitsministerium zu den begünstigenden Faktoren. Ein erhöhtes Risiko für Allergien kann auch vererbt sein. „Wenn zwei Allergiker ein Kind bekommen, liegt das Risiko bei 80 Prozent, dass das Kind eine Allergie oder Neurodermitis entwickeln wird“, sagt Gahlen. Laut dem Bundesgesundheitsministerium vermuten Experten auch, dass das Abwehrsystem bei vielen Menschen weniger gut trainiert ist als früher. Höhere Hygienestandards und seltener auftretende Infektionen im Kindesalter sind ein weiterer Grund für die stärkere Verbreitung.

Hat Stress Auswirkungen auf die Allergie?

Ivo Gasner hat in den vergangenen 35 Jahren gelernt, mit seinen Allergien zu leben. „Wenn man darauf achtet, wann was blüht, geht das schon“, sagt er. In den Hochphasen wäscht er sich regelmäßig Gesicht und Haare, lüftet abends vor dem Schlafen nicht mehr, entkleidet sich nicht im Schlafzimmer und passt seine Freizeitplanung an. „Ich habe festgestellt, dass es einen Zusammenhang von stressigen Situationen und allergischen Reaktionen gibt“, erzählt Gasner. Er versuche darum, stressige Situationen zu vermeiden. Nach der Hochphase der Birke und Haselnuss sei sein Stresslevel wieder normal.

Für den Ingenieur aus Ditzingen funktionieren seine Maßnahmen, eine Hyposensibilisierung zieht er deshalb noch nicht in Betracht. Atemnot habe er in den letzten Jahren nie bekommen. „Hyposensibilisierung wird bei starken allergischen Beschwerden empfohlen und sollte über drei Jahre gemacht werden“, erklärt Gahlen. Damit könne ein sogenannter Etagenwechsel auf die Bronchien, ein allergisches Asthma, verhindert werden. Laut der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst führt bei etwa jedem Dritten Heuschnupfen unbehandelt zu einem Pollenasthma. Für die Hyposensibilisierung gibt es inzwischen die Möglichkeit, täglich Tropfen einzunehmen. Die Wirkung sei genauso gut wie die Spritzen, die verabreicht werden können. „Die Behandlung wird nach der Pollensaison im Herbst begonnen und führt zu einer deutlichen Besserung in 80 Prozent der Fälle“, sagt Gahlen.

Ivo Gasner ist in seiner Montur definitiv eine Erscheinung. „Das muss man den Leuten erklären, sonst denken die, warum fährt der hier krank durch die Gegend“, sagt er lachend. Für Nichtallergiker sei es aber auch schwer zu verstehen, wenn die Augen immer mehr jucken und man total niedergeschlagen sei. „Dadurch, dass ich meine Routinen anpasse, kann ich mit meinen Allergien gut leben.“

Pollenflug von Wetter abhängig

Blütezeit
 Die Blütezeiten können sich je nach Region und Schwere des vorhergegangenen Winters verschieben. In höhergelegenen Regionen setzen die Blütezeiten von Gräsern und Bäumen meist etwas später ein als in wärmeren Regionen.

Wetter
 An trockenen und windigen Tagen stäuben Hasel, Birke und Gräser besonders heftig. Regen reinigt die Luft von Pollen, bei Starkregen und Gewittern verschlimmert sich der Zustand von Allergikern jedoch: Die Pollen nehmen dann zu viel Flüssigkeit auf, fallen mit den Wassertropfen zu Boden und platzen auf. Tägliche und wöchentliche Prognosen des Pollenflugs liefert unter anderem die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst.