In Ludwigsburg folgt in diesem Jahr auf den September der „Shoptober“ – die Rache der Einzelhändler.

Kastanienbeutelfest - Uns, die wir noch immer an Phantomschmerzen leiden, weil uns der sensationelle Supersommer 2015 von einem auf den anderen Tag verlassen hat, droht weiteres Ungemach: die Rache der Ludwigsburger Einzelhändler sozusagen. Denn deren Geschäft war zwischen Juli und September praktisch zum Erliegen gekommen. Wer wollte schon bei gefühlten 40 Grad Celsius und mehr Klamotten anprobieren, geschweige denn die neue Herbstkollektion? Und wer schaffte es bei diesen tropischen Temperaturen überhaupt bis in die Innenstadt? Es soll sogar Händler gegeben haben, die kurzerhand ihre Läden dicht gemacht und selbst hitzefrei genommen haben. Recht so.

 

Und jetzt? Jetzt wollen sie sich die entgangenen Einnahmen holen. Dass sich die Fußgängerzone mit dem regnerisch-kalten Wetter wieder gefüllt hat, reicht ihnen bei weitem nicht. Sie wollen mehr. Und zwar sehr viel mehr. Deshalb drohen sie uns allen mit dem „Ludwigsburger Shoptober“.

Was das sein soll? Zunächst einmal ein ungelenkes Wortspiel von Marketingstrategen – also reine Folter. Gleich zwei Sprachen werden so zusammengezwungen, dass sich einem die Zehennägel biegen. Warum nicht gleich „Schocktober“? Damit käme man auch dem, was folgt, sehr viel näher. Es ist nämlich so, dass das neu-alte Einkaufcenter in der Unteren Stadt öffnet. So mancher hat sicher davon läuten hören. Eigentlich öffnet das Marstall bereits am 30. September. Und zwar mit einem „Antraben“. Wie sinnig! Die Cityhändler, die sich vor diesem Tag seit Jahren schrecklich fürchten, wollen das Ereignis mit einem Kastanienbeutelfest im Doppelpack (!) feiern. Vielleicht ist das ja nur ihre Art, den Teufel auszutreiben: indem sie für ihn einen großen Karneval veranstalten.

Jedenfalls sollen die Ludwigsburger zwei Tage lang shoppen bis zur Besinnungslosigkeit. Am 3. und 4. Oktober ist Kaufrausch erste Bürgerpflicht. 25 Jahre Einheit? Drauf gehustet. Was in Ludwigsburg geplant ist, wird alle Bilder von den konsumwilligen Ossis von einst verblassen lassen. Bananen-Wahnsinn? Das war nur die Kostümprobe für den Ludwigsburger Shoptober. Begrüßungsgeld soll es allerdings nicht geben. Aber so etwas ähnliches: den neuen Ludwigsburg-Gutschein für die ganze Stadt. Erhältlich ist er in einer 5-, 10- und 20-Euro-Stückelung.

Wer nun allerdings meint, da könne man auch gleich Euroscheine verschenken, damit erhasche man wenigstens ein Autogramm von EZB-Chef Mario Draghi, übersieht etwas Richtungsweisendes: Statt mit dem Aufdruck romanischer oder gotischer Brücken und Portale Papier zu verschwenden, zeigen die Ludwigsburg-Gutscheine ein geschmackvolles Arrangement von Einkaufstüten in Grau, Rot, Blau und Weiß. Es soll schließlich hinterher keiner sagen, er hätte nicht gewusst, was er mit den von der Kreissparkasse ausgegebenen Wertbriefchen anfangen soll.

Da bei diesem rekordverdächtigen Kastanienbeutel-Doppelschlag Unterstützung von außerhalb sicher nicht schaden kann, haben sieben Hotels in der Stadt sagenhafte „Sternstunden“ für Kaufrauschtouristen ausgerufen: Wer gern „zwei unvergessliche Shoppingtage in Ludwigsburg genießen“ möchte, kann „für 15 Euro pro Stern und Zimmer“ übernachten. So steht’s im Flyer. Buchbar bis zum 27. September.

Für den Shoptober-Gast macht das in einer als Viersterne-Haus ausgewiesenen Herberge wie dem Goldenen Pflug oder dem Nestor unschlagbare 75 Euro. Ohne diese Sternstunden-Arithmetik kostet das Zimmer dort allerdings nur 60 Euro. Auch das steht im Flyer. Aber was soll der Geiz? Es ist ein Supersternensonderangebot, da muss man doch einfach zuschlagen.

Wer nach dem ersten Oktober-Wochenende immer noch etwas Kleingeld übrig haben sollte: keine Sorge, das war ja nur der Aufwärmtrab. Den Ludwigsburger Händlern fällt sicher noch mehr ein. Wir jedenfalls freuen uns schon auf Shovember und die Kaufnachtstage.