Es gilt das gesprochene Wort. Wirklich? Man könnte den Eindruck gewinnen, dass im Kommunalen die Cowboy-Vorschrift „Ein Mann, ein Wort“ nicht immer gilt.

Wahrheiten - Um eines klar zu stellen: der Autor dieser Zeilen leidet an akuter Politiker-Verdrossenheits-Verdrossenheit. Es ist schwer zu ertragen, wenn Bürger aus konkreten Einzelfallanlässen zu Wutbürgern werden und wohlfeile Verschwörungstheorien auspacken, nach Parolen wie „Die da oben, wir da unten“, „Wir ohnmächtiges, unterdrücktes Völkchen“ und dergleichen. Damit kann man davon ablenken, dass man keine Lust hat, sich mit den Niederungen der Politik zu beschäftigen. Lieber motzen als differenzieren.

 

Nachdem dies geklärt ist, darf auch auf der anderen Seite undifferenziert gemotzt werden. Zurzeit fällt dem sensiblen Lügenpressevertreter auf, dass es auch kommunale Mandatsträger gibt, bei denen das Cowboy-Diktum „Ein Mann, ein Wort“ nicht immer uneingeschränkt gilt. Die Rede ist von der gepflegten Dampfplauderei für zwischendurch, von halbgaren Versprechungen und Halbwahrheiten im Gewand von so genannten Versprechungen.

Aus Eglosheim wird Ludwigsburg-Nord

Da fällt einem natürlich zunächst mal Ludwigsburg ein. Noch im Oktober 2014 hatte der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried im Stadtteil Eglosheim versucht, die Wogen der Empörung zu glätten. Die Stadt baut in dem als sozial brennpunktig geltenden Viertel nämlich ein Obdachlosenheim. Weitere Belastungen, so Seigfried damals, werde man den Eglosheimern nicht zumuten. Jetzt schlagen die Wogen schon wieder hoch, weil plötzlich eine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll. Ein Wortbruch? Mitnichten, wie der OB Werner Spec jüngst betonte. Nicht die Stadt, sondern der Kreis plane das Vorhaben. Wir ergänzen: außerdem soll das Eglosheimer Wohnheim gar nicht in Eglosheim entstehen, sondern laut Verwaltung in „Ludwigsburg-Nord“. Und wer sagt eigentlich, dass Flüchtlingswohnheime nicht auch eine Bereicherung sein können?

Der Sachsenheimer Bürgermeister Horst Fiedler hat zu diesem Thema eine ganz eigene Meinung. Mitunter sogar mehrere. Die Teilorte Hohenhaslach und Ochsenbach im Kirbachtal sind einerseits wegen ihrer landschaftlichen Reize beliebt, andererseits auch für den Kreis als Unterbringungsstandorte für Flüchtlinge reizvoll. Gegen die jüngsten Pläne, im kleinsten Weiler Spielberg (nicht mal 400 Einwohner) 50 Flüchtlinge unterzubringen, hatte die Stadtverwaltung nichts einzuwenden. Einkaufsmöglichkeiten? Öffentlicher Nahverkehr? Ärzte? Brauchen die nicht! Erst als vom AK Asyl und denKreistags-Grünen kritische Töne an der Standortwahl kamen, schwenkte Fiedler um und meinte lapidar, Spielberg sei „noch nicht bereit“.

Der gar nicht so machtlose Rathauschef

Die zuvor im Rathaus geäußerte Behauptung, man könne da nix machen, schließlich sei das ein Vorhaben des Kreises, erinnert einerseits sehr an Ludwigsburg (siehe Flüchtlings-Eglosheim) und ist andererseits Quatsch. Gegen die kommunale Planungshoheit kommt in diesem Fall nicht mal das allmächtige Landratsamt an. Das führt uns unweigerlich nach Vaihingen/Enz. Dort wird das kleine Krankenhaus bekanntlich lediglich deshalb nicht geschlossen, sondern im Prinzip nur so gut wie dicht gemacht (Tarnname: Mikro-Stundenklinik), weil der Landrat Rainer Haas schon letztes Jahr eine Schließung kategorisch ausgeschlossen hatte. Selbst der Versuch des Vaihinger Oberbürgermeisters Gerd Maisch, sich öffentlich als Ritter für die Klinikerhaltung zu profilieren, scheiterte. Sollte der Kreis wirklich ernst machen mit der So-gut-wie-Schließung und die anderen Räume vermieten wollen, „dann werde ich meinem Gemeinderat vorschlagen, eine Veränderungssperre zu verhängen“, hatte Maisch vor 450 Zuhörern in der Stadthalle gepoltert. Schade nur, dass sich dieses scharfe Schwert bei näherem Betrachten als harmloser Zahnstocher entpuppt. So eine Veränderungssperre hätte hier gar nicht funktioniert, weil es gar keine baulichen Veränderungen geben soll. Und mit einer Blockade jedweder Neunutzung würde die Stadt sich im Zweifel selbst schaden, aber das Krankenhaus nicht lebendig machen.

Halten wir fest: in Fällen, bei denen politische Vollprofis so viel heiße Rhetorik produzieren, ist Dampf im Kessel – und zwar gar nicht wenig!