Am Anfang war das Wort, es folgte die Benennung von Orten und Dingen. Und jetzt, am Ende? Brauchen die Dinge und Orte eine Marke, um etwas wert zu sein. Warum nur?

Gebrandmarkt - Anmerkung des Autors zu Beginn: Achtung! Dies ist ein kulturpessimistischer Text! Der Autor versichert aber hoch und heilig, dass er weder Mitglied der Sozialistischen Internationalen ist noch an galoppierendem Sozialneid leidet. Ihm ist halt was aufgefallen.

 

Früher hießen die Hallen, Straßen und Plätze noch nach verdienstvollen Persönlichkeiten, nach Singvögeln, nach dem landwirtschaftlichen Gewann, in dem sie liegen oder einfach nach ihrem blanken Zweck. Die Albert-Buddenberg-Halle zum Beispiel in Münchingen, oder das Alfred-Kercher-Bad in Kornwestheim. Oder einfach nur die vielen Stadthallen, Marktplätze – auch das sind schöne Bezeichnungen für Orte und Dinge.

Vom unglücklichen Oberbürgermeister

Doch diese Zeiten sind, so scheint’s, vorbei. Heute beeilen sich die Bürgermeister im Zweckverband Eichwald, dem fast schon heiligen Investor im Gewerbegebiet bei Sachsenheim, dem Heilsbringer an Gewerbesteuer und neuen Jobs (die dann eh nur anderswo wegfallen) pflichtschuldigst seinen Platz namentlich fein zu richten. Der Platz, an dem Porsche sein Zentrallager im Eichwald errichtet hatte – wohlgemerkt: ein Ort, der staatsrechtlich betrachtet der Allgemeinheit gehört(e) – heißt: Porscheplatz. Und der Ludwigsburger Oberbürgermeister war jahrelang ein trauriger, unglücklicher Bürgermeister, weil es in seinem Stadtgebiet einfach eine Mehrzweckhalle gab, die man im Grunde nur Mehrzweckhalle (neudeutsch: Multifunktionsarena) nennen konnte. Wie gut, dass die Porsche-Tochter MHP kam und den verzweifelten Rathauschef von seinem Elend erlöste. Heute darf man die Mehrzweckhalle stolzen, erhobenen Hauptes MHP-Arena nennen (wobei eigentlich sowieso kein normaler Mensch weiß, wofür diese Abkürzung überhaupt steht).

Sponsoring ohne Bezug? Geht auch!

Das sind doch Zeichen der Zeit. Wer ohne Markenstempel, ohne Sponsoren, ohne kommerzielle Benamsung ist, der ist wertlos. Weil die öffentliche Hand dem Normalverdiener zwar viel Steuern abnimmt, aber für Kunst, Kultur und sonstiges Gedöns dann leider immer weniger Geld übrig hat, ist kein klassisches Gitarrenkonzert mehr denkbar ohne das Präludium: „Dieses klassische Gitarrenkonzert wird Ihnen präsentiert von der Stiftung Kunst und Kultur ihrer Kreissparkasse Ludwigsburg.“ Selbst stramm linke Kulturmacher wie der Werner Schretzmeier vom Theaterhaus Stuttgart machen heutzutage nichts mehr ohne ihre Mercedes-Benz-Bank.

Vollends merkwürdig wird’s, wenn die Sponsoren nicht so recht zum Gesponserten passen wollen – oder ihm gar inhaltlich völlig fremd scheinen. So schreibt das Regierungspräsidium Tübingen seit einiger Zeit im Biosphärengebiet Schwäbische Alb ein „Commerzbank Umweltpraktikum“ aus. Ja haben wir nicht neulich lesen müssen, dass jene Bank den Braunkohlesektor mit milliardenschweren Krediten unterstützt? Falsche Frage! Sie sponsert schließlich ein Umweltpraktikum! Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis das Ernährungszentrum Ludwigsburg auch einen Sponsor kriegt. Wie wär’s mit McDonald’s?