Auf die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart wartet am Mittwochabend die größte Prüfung, die es in der Welt des Volleyballs gibt. In der Scharrena geht es um 19 Uhr gegen das atemberaubende Starensemble aus Istanbul – das einen zehnmal höheren Etat hat als Stuttgart.

Stuttgart/Istanbul - Die Stuttgarter Volleyballerinnen staunten nicht schlecht, wie sie im November vor dem Duell in der Champions League bei Vakifbank Istanbul am Flughafen empfangen wurden. Mit Polizeikolonne ging es im luxuriösen Bus ins vereinseigene Volleyball-Hotel. Die Vorbereitung fand im großzügigen Trainingskomplex des Clubs statt. „Das war wie ein Ausflug in eine andere Dimension, der Volleyball hat in der Türkei einen ganz anderen Stellenwert“, sagt Kim Renkema, die Sportchefin von Allianz MTV Stuttgart. Vor dem Rückspiel an diesem Mittwoch (19 Uhr, Scharrena) werden die Verantwortlichen des Bundesligisten alles daransetzen, dass sich die Gäste am Neckar ebenso wohlfühlen. Sportlich liegen die Stuttgarterinnen vor dem fünften Spiel der Gruppe A zwar nur drei Punkte hinter dem türkischen Spitzenreiter, und trotzdem trennen die Vereine Welten. Ein Blick auf die Rahmenbedingungen zeigt, warum der Titelverteidiger aus Istanbul klarer Favorit ist.

 

Der Verein

Vakifbank Spor Kulübü ist aktuell der erfolgreichste Club in der türkischen Metropole, die gleich mit drei Teams in der Königklasse vertreten ist. Von einer heimischen Großbank üppig unterstützt, stehen dem Champions-League-Sieger von 2018 über 16 Millionen Euro zur Verfügung. Allianz MTV Stuttgart hat einen Etat von 1,5 Millionen Euro. Auch in Sachen Infrastruktur sind die Türkinnen meilenweit voraus. Die 2500 Zuschauer fassende Heimspielstätte ist im Vakifbank- Sportpalast beheimatet. Auf über 30 000 Quadratmetern befinden sich neben der Spiel- noch zwei Trainingshallen, ein Schwimmbad, ein Fitness-Center, Büros, die medizinische Abteilung sowie die Nachwuchsakademie des Clubs. „Wir kamen uns vor wie Fußballprofis und aus dem Staunen nicht mehr raus“, sagt Kim Renkema.

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Das Team

Neben dem Kern der türkischen Nationalmannschaft und einigen Talenten prägt vor allem ein internationales Quartett die Formation aus Istanbul. Die US-Außenangreiferin Kelsey Robinson und die Niederländerin Lonneke Slöetjes gehören zur Weltklasse, stehen aber selbst im Schatten von zwei Superstars: Milena Rasic gilt als beste Mittelblockerin der Welt und besitzt das Sieger-Gen: 2018 holte die Serbin WM-Gold, nationale Meisterschaft und Pokal, Champions League sowie die Club-WM. Dazu kommt die chinesische Außenangreiferin Zhu Ting. Das Jahresgehalt der Olympiasiegerin von Rio 2016 entspricht mit rund 1,3 Millionen Euro fast dem Gesamtetat der Stuttgarterinnen. „Sie haben einige der besten Volleyballerinnen der Welt im Kader“, sagt MTV-Trainer Giannis Athanasopoulos, „deren Qualität haben wir beim 1:3 im Hinspiel ja erleben können.“

Der Trainer

Seit 2008 ist Giovanni Giudetti der Coach von Vakifbank – ein bekanntes Gesicht im deutschen Volleyball. Der Italiener betreute von 2006 bis 2015 das Frauen-Nationalteam, mit dem er bei den Europameisterschaften 2011 und 2013 jeweils Silber gewann. Am Bosporus ist seine Titelsammlung noch eindrucksvoller: Je viermal holte der Hauptstadtclub unter Giudetti die Meisterschaft und die Champions League, dreimal die Club-WM und den Pokal. „Er ist einer der herausragenden Trainer im Volleyball, macht seine Teams immer noch besser“, sagt Athanasopoulos über den Kollegen, der seit 2017 auch das türkische Frauen-Nationalteam trainiert.

Das Fazit

Die Aufgabe gegen Vakifbank Istanbul ist eigentlich unlösbar. Eine kleine Hoffnung hat Allianz MTV Stuttgart aber trotzdem: Im Vergleich zum Hinspiel, als nur rund tausend Zuschauer in Istanbul kaum einmal für Stimmung sorgten, wird die ausverkaufte Scharrena bei jedem Punkt der Gastgeberinnen explodieren. „Es wird ein tolles Erlebnis für alle in der Halle“, meint Kim Renkema, „wir werden alles aus uns herausholen.“ Und Giannis Athanasopoulos wäre ein schlechter Trainer, wenn er nicht an eine Chance glauben würde: „Wenn wir so spielen wie in den Sätzen zwei und vier in Istanbul, können wir auch diesem Team Paroli bieten.“ Und wenn nicht? Ist es zumindest der perfekte Test für das Pokalfinale am Sonntag gegen den SSC Schwerin.