Die US-Amerikanerin Jenna Rosenthal kämpft beim Allianz MTV Stuttgart für mehr Spielzeit. Weil sie sich den Job als Volleyballerin erst nicht zutraute, lernte sie erst einen bodenständigen Beruf.

Stuttgart - Sauerkraut mit Bratwurst kannte sie schon, damit fiel ihr die Eingewöhnung in Deutschland nicht ganz so schwer: Jenna Rosenthal. Die 23-jährige Mittelblockerin des Volleyball-Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart hat deutsche Wurzeln, ihr Urgroßvater stammte aus Deutschland, noch heute kocht ihre Mama daheim in Wisconsin typisch deutsche Hausmannskost. „Ich habe eine Schwäche für Brotsorten aller Art“, sagt die US-Amerikanerin, die inzwischen auch die schwäbische Küche zu schätzen gelernt hat: „Als ich vor dem Saisonauftakt hier ankam, habe ich Spätzle probiert – die waren fantastisch!“

 

Ein gefüllter Magen ist schon die halbe Miete, aber die dafür nötigen Zutaten sind für die 1,98 Meter große Profivolleyballerin nicht immer einfach zu besorgen. Denn die Ladenöffnungszeiten in Deutschland waren für die junge Frau ein Novum. „Ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass die Supermärkte hier am Sonntag geschlossen haben.“

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Immerhin: an diesem Mittwoch steht ihr Terminplan fest. Gegen USC Münster (19 Uhr, Scharrena) starten die Stuttgarterinnen in die Rückrunde der Volleyball-Bundesliga – mit Jenna Rosenthal, die darauf hofft, beim Titelverteidiger in Zukunft noch wichtiger zu werden: „Ich kämpfe jeden Tag für mehr Spielzeit, den zuletzt kam ich nur von der Bank.“

Eine Visitenkarte als Andenken

Jenna Rosenthal ist eine junge Frau voller Ehrgeiz – in ihren gelernten Job will die US-Amerikanerin eher nicht zurückkehren. „Ich habe Bauingenieurwesen studiert, hatte ein Sportstipendium.“ Da sich die Mittelblockerin zunächst nicht zutraute, später mal als Profisportlerin ihr Geld zu verdienen, wählte sie bewusst „ein solides Studienfach“. Sogar für ein Praktikum in einem Ingenieurbüro fand sie Zeit neben dem Sport. „Aber die Leute dort wirkten nicht erfüllt. Um wirklich gut zu sein auf diesem Feld, muss man sich spezialisieren.“ Also setzte sie alles auf die Karte Volleyball.

Jenna Rosenthal präsentierte sich an einem so genannten Tryout-Wochenende, bei dem fast 300 Nachwuchsspielerinnen in Colorado Springs ihr Können unter Beweis stellten, um es in eines der drei US-College-Teams zu schaffen. Die Auserwählten touren im Sommer durch Europa, präsentieren sich dort Scouts und Profi-Teams. Jenna Rosenthal setzte sich durch – und lernte in Kroatien ihren jetzigen MTV-Trainer Giannis Athanasopoulos kennen. Die junge Spielerin war begeistert, denn zwei ihrer Vorbilder (Paige Tapp, Molly McCage) spielten im Team des Griechen. „Er sagte zu mir, dass ich ihn anrufen solle, wenn ich mein Studium abgeschlossen habe.“ Die Visitenkarte hat sie heute noch. „Sie erinnert mich daran zu glauben, dass ich es als Profi schaffen kann“, sagt die 23-Jährige. Und man merkt, dass sie sich den Glauben an sich selbst fast täglich einimpfen muss.

Profisportlerin mit Modelvertrag

Ihre letzte Saison am College sei die beste überhaupt gewesen. „Wir haben es unter die besten 16 Teams geschafft, ich habe den Rekord an Blocks an meiner Uni eingestellt.“ Doch statt nach Stuttgart zog es die US-Amerikanerin 2018 zunächst zum finnischen Erstligisten LP Viesti Salo. Der Abschied von den Freunden zu Hause fiel ihr schwer, dazu kam, dass sie bei ihrer ersten Profistation nicht als Startspielerin gesetzt war. „Aber ich wuchs daran, lernte viel von anderen Spielerinnen.“ Dann kam der Anruf vom Team USA. Wenige Stunden nach dem letzten Spiel in Finnland sollte Rosenthal im Flieger nach Amerika sitzen, um ihr Land beim Panamerika-Cup zu unterstützen. „Nach diesem Abenteuer telefonierte ich wieder mit Giannis und unterzeichnete schließlich meinen Vertrag mit den Stuttgartern.“

Mit dem Erfolg als Profisportlerin kam sogar ein Modelvertrag: Rosenthal ist in Videos für Sportbandagen zu sehen und das Gesicht einer Marke für schicke Mode für große Frauen. Doppelter Vorteil, denn „mit 1,98 Metern ist es schwer Hosen zu finden und diese habe ich sowieso immer getragen. Jetzt bekomme ich sie gestellt.“

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Der Schritt nach Stuttgart habe sich absolut gelohnt, denn sie habe sich als Spielerin weiterentwickelt, findet die Mittelblockerin: „Sie haben hier meine Herangehensweise ans Blocken komplett verändert.“ Besonders an der Beweglichkeit des Oberkörpers habe sie gearbeitet. Doch für den Rest der Saison hat sie sich höhere Ziele gesetzt – sie möchte eine wichtigere Rolle spielen. An vielen kleinen Stellschrauben will sie arbeiten, eine gewieftere Spielerin werden – was man sicher auch beim MTV gerne hören wird.