In den vergangenen Jahren konnte die US-Amerikanerin Vorfreude vor alpinen Skirennen recht glaubhaft versichern – weil sie hinterher meist auf dem Treppchen, ziemlich oft sogar ganz oben stand. 69 Weltcup-Rennen hat sie gewonnen, sechsmal holte sie den Slalomweltcup, dreimal den Gesamtweltcup, sechs WM-Titel gehören ebenso zu ihrer Sammlung wie zwei olympische Goldmedaillen. Ach ja, die junge Dame ist gerade einmal 26 Jahre alt.
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Die Karriere von Mikaela Shiffrin ist eine Erfolgsgeschichte – mit einem für sie dunklen Kapitel.
Als im Frühjahr 2020 ihr Vater bei einem Unfall starb, geriet die Welt der sportlichen Dominatorin aus den Fugen. Sie beendete die Saison, zog sich zurück, teilte später Trauer und Nachdenklichkeit in den sozialen Medien. „Dass ich in dieser Situation mit Leuten kommunizieren konnte, denen es gleich ging, half mir, mich etwas weniger allein zu fühlen“, sagte sie jüngst in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“. In einem Gespräch, das sie nicht allein mit den Journalisten führte. Sondern auch mit Aleksander Aamodt Kilde.
Petra Vlhova ist nun die Gejagte
Es liegt zum einen an der fortgeschrittenen Zeit seit dem Unfalltod ihres Vaters, dass Mikaela Shiffrin sportlich nach und nach in die Spur zurückgefunden hat. Sie war in der vergangenen Saison nicht die prägende Figur, den Gesamtweltcup gewann die Slowakin Petra Vlhova, Shiffrin war plötzlich verwundbarer – aber sie gewann schon wieder Rennen und auch einen WM-Titel. Glücklich, lachend und ausgelassen sieht man sie auch wieder – und das liegt auch an Kilde, dem norwegischen Kraftpaket.
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Im Mai dieses Jahres machten die beiden Skistars, auch Kilde gewann bereits einmal den Gesamtweltcup, ihre Liebe öffentlich. Seitdem teilen sie im Netz viele private Momente mit der Öffentlichkeit. „Wir spielen niemandem etwas vor“, sagt Kilde und erklärt, dass er derjenige gewesen sei, der im Werben umeinander nicht aufgegeben habe. Shiffrin ergänzt: „Was die Welt von mir sieht, ist das, was ich denke. Und das, was ich bin.“ Und zu ihr gehört nun eben auch ihr fast genauso berühmter Freund.
„Manchmal habe ich das Gefühl, wir seien beide ein und dieselbe Person“, beschreibt Mikaela Shiffrin die Vertrautheit der beiden untereinander – die wohl auch viel damit zu tun hat, dass sie im selben Metier unterwegs sind. „Wir teilen unsere Erfahrungen, und das ist schlicht großartig“, sagt Kilde, der 29-jährige Norweger, der sich nach einem Kreuzbandriss in dieser Saison zurückkämpfen will in die Weltspitze. Er ergänzt: „Ich kann viel von Mikaela lernen.“ Die wiederum sagt: „Es ist sehr wertvoll, jemanden zu haben, der tagtäglich die gleichen Dinge erlebt: im Training, im Rennen – und bei all dem Druck, den wir spüren.“
Große Pläne für Olympia 2022
Der Druck liegt vor dem Saisonstart der Frauen am Samstag nicht mehr allein auf Mikaela Shiffrin. Petra Vlhova ist erstmals in der Rolle der Gejagten, sie hat sich mit neuem Trainer vorbereitet. Lara Gut-Behrami war vergangene Saison Zweite im Gesamtweltcup und gewann zwei WM-Titel. Auch sie steht wieder mehr im Fokus. Jedoch hat Mikaela Shiffrin schon vor dem Saisonstart gezeigt, dass ihr Ehrgeiz längst zurück ist.
Bei den Olympischen Spielen in Peking im kommenden Februar wolle sie in allen Disziplinen starten, zumindest träume sie davon. Ebenso wie wieder um den Triumph im Gesamtweltcup zu kämpfen. Die Konkurrenz darf also wieder gewarnt sein, Mikaela Shiffrin scheint wiedererstarkt – mit einem neuen Trumpf-Ass im Ärmel.
Aleksander Aamodt Kilde jedenfalls sagt: „Wir sind ein starkes Team, stärker, als wir vorher ohne den anderen waren.“