Als Gastgroßmutter in der Türkei Die deutsche Au-pair-Oma

Die 56-jährige Anna Rieth aus Durmersheim hatte keine Lust, allein zuhause zu sitzen. Nun ist sie Gastgroßmutter bei einer Familie an der ägäischen Küste. Die Au-pair-Oma machte damit den Weg türkischer Gastarbeiter anders herum – und genießt ihr „Luxusleben“.
Durmersheim/Bodrum - Spätherbst an der türkischen Südwestküste: nur wenige Urlauber bevölkern den Badestrand von Bitez, der rund zehn Kilometer vom Ferienort Bodrum entfernt liegt. Eine schlanke, blonde Frau baut mit zwei Kindern am Strand eine Sandburg. Anna Rieth ist keine Touristin, sie ist eine Au-pair-Oma.
Au-pair? Das machen doch nur junge Mädchen, die mit der Schule fertig sind und vor dem Studium oder der Ausbildung ein bisschen Auslandsluft schnuppern und die Landessprache lernen wollen. „Ich wusste auch nicht, dass es Au-pair-Omas gibt, bis eine Freundin, die einen Artikel darüber gelesen hatte, mir davon erzählte“, sagt Anna Rieth. „Dann war ich aber sofort Feuer und Flamme.“
Die 56-jährige Anna Riedt kommt aus dem nordbadischen Durmersheim. Sie hat zwei erwachsene Kinder, die in Stuttgart und Konstanz ihr eigenes Leben führen. Nachdem auch noch eine langjährige Beziehung in die Brüche gegangen war, fühlte sie sich „allein und von keinem richtig gebraucht“. In ihrer hübschen Eigentumswohnung fehlte es ihr zwar an nichts, aber ihre Bekannten standen entweder voll im Berufsleben oder waren mit ihren eigenen Familien und Beziehungen beschäftigt, so dass Anna Rieth keine geeignete Begleitung für Reisen fand, die sie gern unternommen hätte. „Ich hatte das dringende Bedürfnis, in meinem Leben noch etwas Interessantes zu tun. Sollte ich damit warten, bis ich alt und klapprig bin? Nein, jetzt war genau der richtige Zeitpunkt!“
Ein Faible für Kleinkinder
Anna Rieth setzte sich an den Computer und stieß beim Googeln auf die Agentur Madame Grand-Mère. Anfang des Jahres füllte sie einen Bewerbungsbogen aus. Dann ging alles sehr schnell. Mitte April informierte die Agenturleiterin Anna Rieth, dass es eine dringende Anfrage aus Bodrum gebe, eine Familie mit zwei Kindern. Sollte sie in die Türkei – in ein Land, aus dem normalerweise die Menschen zum Arbeiten nach Deutschland kommen? „Warum eigentlich nicht?“, sagte sich Anna Rieth.
Ausschlaggebend war, dass der Junge, den sie betreuen sollte, gerade mal ein Jahr alt war: „Ich liebe Kleinkinder, Pubertierende dagegen sind nicht so mein Fall.“ Bei einem Telefongespräch war ihr die Mutter Gülay Kaplan, eine in Deutschland aufgewachsene Anwältin, auf Anhieb sympathisch. Gülay Kaplan bedauerte, dass sie es verpasst habe, ihrer Tochter Elif Deutsch beizubringen. Den gleichen Fehler wolle sie bei ihrem Sohn nicht machen. Ihre einzige Erwartung an Anna Rieth sei, dass sie Deniz die Fremdsprache beibringe. Anna Rieth stimmte zu.
Nicht alles war ihr fremd. Anna Rieth hatte bereits mehrere Urlaube in der Türkei verbracht und konnte sich das Leben in einem Badeort gut vorstellen. Vorsichtshalber fragte sie nach, wie wichtig islamische Vorschriften für ihre Gastfamilie seien. Ihr Bruder hatte nämlich zu bedenken gegeben, dass sie vielleicht ein Kopftuch tragen müsse und abends nicht allein ausgehen könne. Gülay Kaplan konnte sie beruhigen. In der Familie spiele Religion keine große Rolle, die Moschee besuchten sie nur an hohen Festtagen, und von Kopftuchpflicht könne nun wirklich keine Rede sein.
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