Die Schäden des letzten Hochwassers sind noch längst nicht beseitigt. Die Gemeinde hat für soziale Härtefälle einen Hilfsfonds eingerichtet und zu Spenden aufgerufen. Sie lässt zudem für die Kommune eine Starkregengefahrenkarte anfertigen.

Altdorf - Der erste Gedanke, der Frank Vetter beim Anblick des Hochwassers durch den Kopf schoss, war: „Das darf doch nicht war sein.“ Er habe sich an Bilder erinnert, die er nur aus dem Fernsehen kannte. Der 58-Jährige stand im Erdgeschoss seines Eigenheims mit seinen Hauspantoffeln einige Zentimeter tief im Wasser. Das gesamte Untergeschoss war ebenfalls überflutet. So wie ihm ging es vielen Altdorfern am frühen Morgen des 1. Juni. 112 Wasserschäden wurden gemeldet, nachdem die Würm im Ortskern über die Ufer getreten war. Etwas weniger Betroffene gab es in Hildrizhausen und in Ehningen. Eine genaue Schadensbilanz liegt den Kommunen noch nicht vor, weil die Handwerker noch alle Hände voll zu tun haben. Hart trifft es Bürger, die von den Versicherungen die Kosten nicht oder nur zum Teil erstattet bekommen. Für solche Fälle hat Altdorf nun einen Hilfsfonds eingerichtet.

 

Die Flut drückt die Fenster ein

Über das ganze Ausmaß der Verwüstungen hat auch Vetter noch keinen genauen Überblick. Ähnlich geht es auch den anderen Hausbesitzern in der Bach- und in der Milchstraße, in der Hildrizhauser- und Holzgerlinger Straße sowie im Krautgartenweg. Die Rechnungen könnten sich auf 60 000 bis 70 000 Euro summieren, vielleicht auch auf 80 000 Euro. Im Untergeschoss drückte die Flut die Fenster ein. Im Nu stand das Wasser bis zur Decke, unter der die Waschmaschine schwamm. Vetter benötigte eine neue Heizanlage. Derzeit werden die Wände frisch vergipst.

„Wir wurden gegen 1.30 Uhr von unserem Mieter geweckt“, berichtet Vetter. Er wohnt im selben Haus. Im ersten Moment dachten die Bewohner der Bachstraße 55 gar nicht daran, dass sich auch der Stromkasten unter Wasser befand. „Unter Umständen hätten wir einen elektrischen Schlag bekommen können“, sagt der Parkettlegemeister mit einer eigenen Firma.

Der Sohn war zum Glück nicht in seinem Zimmer

Nicht auszudenken auch, wenn sein Sohn zu Hause gewesen wäre. Er hat ein Zimmer im Untergeschoss, wo das Wasser in Sekundenbruchteilen eingedrungen war. „Am meisten schmerzt uns, dass sein Schlagzeug und seine gesamte Musikanlage zerstört wurden.“ So etwas habe auch seine Tante, die seit fast 90 Jahren im Haus nebenan wohne, noch nie erlebt. Die gesamte Straße war überflutet, vor dem Haus der Familie Vetter hatte sich ein großer See gebildet.

Die Räume im Erdgeschoss sind wieder trockengelegt, die im Keller noch nicht. Das werde wohl noch acht bis zehn Tage dauern, die Handwerker seien frühestens in vier bis sechs Wochen fertig. „Ich werde gemäß der Versicherungsvereinbarung wohl 10 000 Euro an den Gesamtkosten tragen. Das kann ich noch einigermaßen verschmerzen“, sagt der Firmenchef. Er wird nicht in den Genuss des Hilfsfonds der Gemeinde kommen. „Mit der Unterstützung wollen wir soziale Härten ausgleichen“, sagt der Altdorfer Bürgermeister Erwin Heller. 20 000 Euro legt die Gemeinde in den Topf und hat zu Spenden aufgerufen.

„Wenn es regnet, schauen wir, ob das Wasser abläuft“

In Hildrizhausen wurden mehr als 50 Hausbesitzer vom Hochwasser überrascht. Einige erhielten einen Zuschuss zu ihren Kosten. Laut dem Kämmerer hat die Gemeinde insgesamt rund 8000 Euro beigesteuert. In Ehningen liefen rund 40 Keller voll. „Die meisten der Betroffenen waren vorbereitet. Weil sie schon häufiger Hochwasser hatten. Viele verfügen bereits über Pumpen“, sagt der Ehninger Schultes Claus Unger. Die Kommune sieht bisher von finanziellen Hilfen ab.

In Ehningen sind Uferböschungen geschaffen und Schutzwände errichtet worden. In Hildrizhausen und Altdorf sollen die Wasserkanäle ertüchtigt werden. Altdorf putzt die Dolen und Gräben und lässt eine Starkregengefahrenkarte anfertigen. „Jedes Mal, wenn es anfängt zu regnen, gehen wir ans Fenster, um zu schauen, ob das Wasser abläuft“, sagt Vetter.

Zwölf Staubecken

Würm-Hochwasser
Das schwere Gewitter in der Nacht zum 1. Juni hat in vielen Gemeinden im Kreis Straßen überflutet sowie Bäche und Flüsse über die Ufer treten lassen. Besonders betroffen waren wie auch früher schon die Gemeinden Altdorf, Hildrizhausen und Ehningen, die an der Würm liegen. Sie entsteht aus zwei Quellbächen, die im Schönbuch südlich von Hildrizhausen und südlich von Altdorf verlaufen. Der 54 Kilometer lange Fluss durchquert den Landkreis über Weil der Stadt hinaus und mündet bei Pforzheim in die Nagold.

Rückhaltebecken:
Im Maurener Tal bei Ehningen soll bald ein Damm mit einem Fassungsvermögen von 320 000 Kubikmetern die Hochwassergefahr bannen. Die Wasser-verbände ließen im Kreis bisher zwölf Rückhaltebecken bauen, weil es viele kleinere Gewässer gibt, deren Pegel bei starkem Regen im Sommer stark anschwellen.