Mit 65 Pflegeheimen und rund 4000 Plätzen ist der Rems-Murr-Kreis vergleichsweise gut bestückt. Doch Fachkräftemangel und Einzelzimmergebot könnten zu Engpässen führen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-Kreis - Dass die Vorstellung eines älteren Menschen, einst friedlich auf dem eigenen Lieblingssofa einzuschlafen, wenn die Zeit gekommen ist, Wirklichkeit wird, hat Werner Geiser bisher nur ein einziges Mal erlebt. Bei einer Nachbarin sei der Abschied vom Leben genau so friedvoll abgelaufen. Die Realität sieht leider meist anders aus, das weiß der Mann aus beruflich umfangreicher Erfahrung: Geiser ist seit mehr als 25 Jahren für die Altenhilfefachberatung im Waiblinger Landratsamt zuständig und war davor neun Jahre lang für den Sozialdienst der Behörde tätig. Der Gedanke an mögliche Einschränkungen im Alter werde von vielen Menschen oft so lange verdrängt, bis es nicht mehr anders gehe. Das habe bisweilen zur Folge, dass der Betroffene gar nicht mehr selbst über sein eigenes Schicksal entscheiden könne.

 

Der Wunsch, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben, sei nachvollziehbar und auch wünschenswert, sagt Geiser. „Manchmal werden die aber zu groß und zu einer Belastung.“ Wenn lediglich die mangelnde Barrierefreiheit ein Weitermachen wie bisher unmöglich mache, könne in manchen Fällen ein Umbau Abhilfe schaffen. Optimal wäre natürlich, schon beim Bauen darauf zu achten. In dieser Hinsicht habe sich einiges getan, sagt Geiser – auch designmäßig. „Der Krankenhaus-Look früherer Zeiten muss heute nicht mehr sein.“ Hilfsmittel wie Haltegriffe und Ähnliches gebe es mittlerweile in allen möglichen Farben und Ausführungen.

Daheim oder ins Pflegeheim?

Die Frage „geht es noch daheim oder muss ich ins Pflegeheim?“ müsse für jeden Fall individuell erörtert werden. Eine Blaupause für das Wohnen im Alter gebe es nicht. Man müsse abwägen, was an Unterstützung möglich, nötig – und was bezahlbar sei, sagt Geiser. Das Angebot an Hilfen mit rund 40 ambulanten Pflegediensten sei im Rems-Murr-Kreis nicht schlecht – von der Grundpflege über Tagesbetreuung bis hin zur hauswirtschaftlichen Versorgung. „Alles aus einem Guss“ werde man aber nur selten erhalten, sagt Geiser. Er rät zu einem „Pflegekomponenten-Patchwork“ und dem Mut, auch mal mit verschiedenen ambulanten Leistungen zu experimentieren.

Am besten sei natürlich, sich beizeiten Gedanken ums Leben im Alter zu machen. Die Pflege daheim sei eine Variante, Betreutes Wohnen eine andere. Einen Standardweg gebe es nicht. „Die beste Lösung ist die, die Ihnen gefällt, gut tut und machbar ist“, sagt Geiser. Er rät dazu, eine Checkliste zu machen, darin aufzuführen, was dem Einzelnen persönlich wichtig ist und Vor- und Nachteile gegeneinander aufwiegen. Wann sollte man sich diese Gedanken machen? „Je früher desto besser“, sagt der 61-Jährige, „am besten in einem Zustand, in dem man seine eigene Zerbrechlichkeit noch nicht fühlt.“

Und wenn eine Unterbringung in einem Pflegeheim geboten ist? Auch hier sei das Angebot gut – noch, wie Geiser allerdings einschränkt. 65 Einrichtungen an Rems und Murr böten zurzeit rund 4000 Plätze und deckten damit die aktuelle Nachfrage ab. Auch die Verteilung in dem heterogenen Rems-Murr-Kreis mit seinen mal ländlich, mal städtisch unterschiedlich geprägten Räumen sei als gut zu bewerten. Bis auf Oppenweiler und Althütte biete jede der insgesamt 31 Kommunen mindestens eine Pflegeeinrichtung an. Und auch die beiden Gemeinden ohne eigenes Angebot bildeten keinen wirklich weißen Fleck auf der Landkarte, weil in unmittelbarer Nähe ausreichend Kapazitäten vorhanden seien. Der Altenhilfefachberater wagt zu behaupten: „Wer heute akut einen Pflegeplatz im Rems-Murr-Kreis benötigt, muss kaum oder keine Wartezeiten in Kauf nehmen –wenn es nicht unbedingt direkt ums eigene Eck sein muss.“

Gute Versorgung ist in Gefahr

Doch diese vergleichsweise gute Versorgung sei in Gefahr, räumt Geiser ein. Massive Sorge bereiten Experten wie ihm zum einen der Fachkräftemangel, der trotz räumlich vorhandener Kapazitäten zu Aufnahmestopps führen könne. Jedes Pflegeheim ist laut Gesetz nämlich verpflichtet, eine Fachkräftequote von 50 Prozent vorzuhalten. Doch examinierte Pflegekräfte sind immer schwieriger zu bekommen.

Die andere Sorge betrifft einen Punkt in der reformierten Heimbauverordnung, die vorsieht, in Pflegeheimen nur noch ausschließlich Einzelzimmer anzubieten. Zwar hat der Gesetzgeber bestehenden Einrichtungen eine Übergangsfrist für einen entsprechenden Umbau eingeräumt, doch die läuft in drei Jahren ab. Laut aktuellem Stand würde das einen Verlust von mindestens 120 Heimplätzen bedeuten. Die Hoffnung bestehe zwar, dass der Verlust durch neu entstehende Pflegeplätze ausgeglichen werden kann, doch gerade für kleinere Einrichtungen könnte die Auflage das generelle Aus bedeuten.

Beratung in Sachen Pflege

Stützpunkt
Seit dem Jahr 2011 bietet ein im Waiblinger Landratsamt eingerichteter so genannter Pflegestützpunkt eine neutrale und kostenlose Beratung zu allen Fragen im Vor- und Umfeld der Pflege an. Telefon: 0 71 51/5 01 16 57, E-Mail: pflegestützpunkt@rems-murr-kreis.de.

Broschüre
Ein vom Landratsamt herausgegebener Seniorenwegweiser listet Kontaktadressen von Ambulanten Diensten, Tages- und Kurzzeitpflegemöglichkeiten, Ansprechpartner von Kreisseniorenrat oder Rentenversicherung sowie Pflegeheime im Rems-Murr-Kreis auf. Er ist im Landratsamt erhältlich oder kann auf der Internetseite www.rems-murr-kreis.de (Rubrik Senioren/Altenhilfefachberatung) heruntergeladen werden.