Wer über den Alten Friedhof in Hofen geht, kann besondere Geschichten der dort Ruhenden auf den Grabsteinen finden. Denn hier Prominenz aus Adel und Kirche.

Auf den ersten Blick ist der Kirchhof an der St. Barbara-Kirche in Hofen nicht als solcher erkennbar. Wer aber durch den steinernen Torborgen von der Wolfgangstraße die drei Stufen hochgeht, das hölzerne Tor öffnet, befindet sich unmittelbar davor: Zunächst fällt eine Felsengrotte auf. Es ist die Lourdesgrotte, eine Besonderheit dieses Friedhofs. Denn mit dieser Gedenk- und Betstätte ist die französische Mariengrotte im Wallfahrtsort Lourdes von 1858 nachgebildet worden. Neben Kruzifixen stehen frische Blumen, viele Kerzen. Einige davon brennen. Dazu Schilder mit „Danke Maria“ oder „Maria hat geholfen“. An der Grotte von 1887 können die Gläubigen beten.

 

Bislang noch ist der Alte Friedhof begehbar, die St. Barbara-Kirche selbst ist wegen Sanierungsarbeiten bis Dezember geschlossen. Die Kirche soll bei der Lourdes-Grotte barrierefrei zugänglich werden. Als Alternative ist seit kurzem die Wendelinus-Kapelle in der Wagrainstraße in Hofen täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

Der Alte Friedhof, der sich um die St. Barbara-Kirche zieht, wurde 1523 angelegt, zur Zeit, in der die Grafen von Neuhausen Lehensherren waren. 1753 kaufte dann Herzog Carl Eugen von Württemberg Hofen. Danach wurde der Alte Friedhof zur letzten Ruhestätte für die am Schloss in Stuttgart und Ludwigsburg arbeitenden katholischen Künstler und Handwerker aus Italien und Frankreich und die katholischen Angestellten und Hofleute, darunter auch einige Adelige.

Ab 1800 wurden die Hofener Verstorbenen auf dem Neuen Friedhof bestattet. Auf dem Alten Kirchhof gibt es heute noch 18 Grabmale aus Sandstein. Als 1784 die St. Barbara-Kirche neu gebaut wurde, wurden einige Grabsteine umgesetzt und an der Außenmauer eingemauert. Auf dem Alten Friedhof ist auch Kirchengeschichte zu erleben: Daran erinnern etwa ein Missionskreuz und ein Priestergedenkstein. Unübersehbar und mit frischen Blumen ausgestattet ist das Grab der Missionsärztin Rita Moser (1927-2001). Die Bundesverdienstkreuzträgerin, war fast 40 Jahre im ostafrikanischen Uganda im Gesundheitswesen und in der Kirche aktiv, sie wurde „Engel von Uganda“ genannt.

Der Erbauer des Neuen Schlosses

Weitere Grabsteine für Frauen teils aus prominenterem Umfeld, gibt es: Etwa das der Friederike Bittio, geborene Retti (1730-1765). Sie war die Tochter des italienischen Baumeisters Leopoldo Retti, dem Erbauer des Neuen Schlosses in Stuttgart und Ehefrau des Theatermalers Antonio di Bittio. Di Bittio gründete 1753 eine private Zeichenakademie. Auch ein bemerkenswerter Gedenkort ist das in Stein gehauene Bild einer knienden Frau, vermutlich das Grabmal der Maria Anna Theresa Helena Felizitas von Stain, die um 1707 Karl Josef von Neuhausen heiratete und 1723 in Hofen starb.

Unweit der Lourdesgrotte erinnert ein Gedenkstein an einen Prediger, der am Hofe von Herzog Carl Eugen tätig war: Franz Balthasar Herligkofer (1698-1765). Ein steinerner Engel sitzt am Fuße der Grabplatte und ein Totenschädel ist auf der Platte im oberen Bereich plastisch dargestellt. Herligkofer hat auf Wunsch des Herzogs einen arabischen Soldaten 1763 auf den Namen Laurentius Christmann getauft. Noch ein Hofprediger und einstiger Mönch ist zu finden: Martin Schlus (1742-1785). Er hat 1785 den Herzog mit Franziska von Hohenheim zunächst im Geheimen getraut – ohne päpstliche Erlaubnis zur Eheschließung.

Alle 18 Grabtafeln werden in einer 65-seitigen Friedhofsbroschüre des Bürgervereins Hofen erläutert. Die Neuauflage, die zum Jubiläum 500 Jahre Pfarrei St. Barbara im vergangenen Jahr durch das Engagement von Mitgliedern des Bürgervereins Wolfgang Zwinz, Uwe Ottlinger und Rolf Müller entstanden ist, zeigt auch fotografisch die starken Verwitterungen auf, die sich zwischen 2000 und 2022 an den Gedenksteinen in den letzten Jahren ergeben haben. Zuletzt wurden die Steine im Jahr 2001 saniert. Nun ist gut 20 Jahre später eine erneute Konservierung notwendig. Dafür sammelt der Bürgerverein Hofen Spenden. Die erste Vorsitzende des Bürgervereins Hofen, Sabine Schick-Kurfeß erklärt: „Es ist erschreckend zu sehen, wie der Zahn der Zeit an den Grabmalen nagt.“

Für Zwinz ist der Alte Friedhof ein Beispiel dafür, welche Bedeutung Hofen zur Zeit Herzog Carl Eugens hatte. „Hofen wurde sogar mal als die heimliche katholische Hauptstadt in Württemberg bezeichnet.“ Ab 1550 seien alle bedeutenden Maler, Musiker und Tänzer nach Hofen gekommen, um in der katholischen Kirche die Messe zu feiern und in geweihter Erde begraben zu werden.

Das Denkmal für Nicolas Guibal (1725 bis 1784) ist übrigens das berühmteste auf dem Kirchhof. „Guibal wurde auf dem Alten Friedhof beerdigt, als die Kirche neu gebaut wurde“, sagt Zwinz. Das Grabmal war später verschollen. Ein neues, das der Bildhauer Markus Wolff gestaltet hat, wurde 1999 eingeweiht. Guibal war Maler, Bildhauer und Baumeister am Hofe Herzog Carl Eugens und arrangierte Hoffeste. Das Deckengemälde im Treppenhaus sowie im Marmorsaal des Neuen Schlosses wurden von ihm gemalt. Erhalten sind das große Gemälde an der Decke des Weißen Saales im Schloss Solitude.

Eine Broschüre zum Alten Friedhof ist über den Bürgerverein Hofen, das katholische Pfarrbüro St. Barbara, im Bezirksrathaus Mühlhausen, in Hofener Läden und im Gasthaus zum Ochsen erhältlich. Weitere Infos unter: www.stuttgart-hofen.de