Die Wasserstofftankstelle am Flughafen Stuttgart war landesweit die erste ihrer Art. Mittlerweile gibt es in Deutschland 84 solcher Tankstellen. Aber was kann eigentlich Wasserstoff? Und hat es dem rein elektrischen Antrieb etwas voraus?

Filder - Dieselfahrzeuge sind in der Landeshauptstadt Stuttgart mittlerweile selbst dann nicht mehr erwünscht, wenn sie die Euronorm 5 erfüllen, und Benziner gelten ebenfalls nicht als sauber; Elektroautos schon, aber in der breiten Masse der Bevölkerung sind sie noch nicht angekommen. Es gibt allerdings noch eine weitere Antriebsart, die immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt: Wasserstoff.

 

Wie funktioniert ein Wasserstoffauto?

Wasserstoffautos sind generell Elektroautos, die die benötigte Energie mit Brennstoffzellen herstellen. In der Brennstoffzelle befinden sich Platten, die Luft und Wasserstoff trennen. „Durch die Membran dringen nur die Protonen des Wasserstoffs, die dann mit Luft zu Wasser reagieren“, erklärt Benjamin Jödecke von der Firma H2 Mobility. Die Elektronen dagegen fließen weiter und versorgen die Batterie, die wesentlich kleiner ist als in einem reinen Elektroauto, mit Strom. Das Einzige, was das Auto beim Fahren ausstößt, ist Wasser. Das reichweitenstärkste Wasserstoffauto kommt mit einer Tankfüllung etwa 550 Kilometer weit.

Wie wird Wasserstoff hergestellt?

Zurzeit wird noch ein Großteil des Wasserstoffs aus Erdgas gewonnen. Künftig sei es aber wichtig, mehr Produktionsquellen für grünen Wasserstoff zu finden, sagt Jödecke. Umweltfreundlich kann Wasserstoff per Elektrolyse hergestellt werden. Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff geteilt und die elektrische in chemische Energie umgewandelt, die im Wasserstoff gespeichert wird. Das passiert bei zwei deutschen Wasserstofftankstellen direkt vor Ort an der Tankstelle.

Wie funktioniert der Tankvorgang?

In der Regel wird der Wasserstoff per Lastwagen gasförmig zur Tankstelle gebracht und dort mit etwa 200 bar Druck in einen Niederdruckspeicher gefüllt. Der Wasserstoff gelangt von dort in einen Hochdruckspeicher, wo er auf 900 bar verdichtet wird, sodass er mit möglichst hohem Druck ins Auto fließen kann. An dem sogenannten Dispenser, also der Zapfsäule, hat der Kunde im Prinzip das gleiche Equipment wie beim Tanken von Benzin oder Diesel. Der „Zapfhahn“ wird ins Auto gesteckt, verriegelt, damit kein Wasserstoff austritt, und mit dem Drücken des Startknopfes geht es los. Die Anlage berechnet, wie viel Druck im Fahrzeug übrig ist und füllt bis 700 bar auf. Gemessen wird das Ganze in Kilogramm. Ein Auto fasst etwa vier bis sechs Kilogramm Wasserstoff. Bei einem Pkw dauert das Tanken bis zu fünf Minuten.

Wie teuer ist das?

Wasserstoff kostet an jeder Tankstelle in Deutschland gleich viel. Pro Kilogramm zahlt man 9,50 Euro – zurzeit wegen der verminderten Mehrwertsteuer 9,26 Euro. „Mit diesem Preis machen wir keinen Gewinn“, sagt Benjamin Jödecke, „dafür ist die Auslastung der Tankstellen noch zu gering“. Beim Tanken zahlt man hochgerechnet also etwa gleich viel wie für ein Verbrennerfahrzeug. Der große Preisunterschied liegt beim Fahrzeug selbst: Mit etwa 70 000 Euro ist zu rechnen. Laut Benjamin Jödecke ist der hohe Preis dem geschuldet, dass Brennstoffzellen bisher in so geringem Maße hergestellt werden. „In Zukunft könnte der Preis auf 40 000 bis 50 000 Euro sinken“, meint er.

Wo kann ich tanken?

In Deutschland gibt es 84 Wasserstofftankstellen. Eine davon ist am Stuttgarter Flughafen an der OMV-Tankstelle zu finden. Im Umkreis gibt es in Sindelfingen, Fellbach, Wendlingen und Metzingen Wasserstoff zum Nachfüllen. Die Stuttgarter Anlage gibt es seit 2009. Sie war die erste öffentliche Wasserstofftankstelle in Baden-Württemberg. „Die wird hier natürlich recht gut angenommen, da es von Daimler auch ein Wasserstoff-Modell gibt und viele hier damit unterwegs sind“, sagt Benjamin Jödecke. Außerdem betanke auch die SSB ihre vier wasserstoffbetriebenen Busse am Flughafen.

Hat der Antrieb Zukunft?

„Es ist eine sehr zukunftsträchtige Technologie“, sagt Jödecke. Vor allem bei Lastwagen und Bussen sei Wasserstoff auf dem Vormarsch. Solch große Fahrzeuge rein elektrisch zu betreiben, sei fast unmöglich. Der Strom müsse irgendwo herkommen, es könnten nicht mehrere Lastwagen an einer Tankstelle mit Strom betankt werden, und das Laden würde viel Zeit in Anspruch nehmen. „Wasserstoff hat den großen Vorteil, dass man erneuerbare Energie speicherbar machen kann und so der Kraftstoff immer dann zur Verfügung steht, wenn er gerade nachgefragt wird“, sagt Jödecke. Deshalb mache Wasserstoff in der Mobilität „absolut Sinn“. Die Herausforderung sei es nun, Wasserstoff umweltfreundlich und Brennstoffzellen bezahlbar herzustellen.

Dass in Zukunft jeder ein Wasserstoffauto fahren wird, denkt Jödecke nicht. „Wir glauben, dass der Pkw auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, aber es wird eine Mischung der Antriebsarten auf den Straßen geben.“ Mit dem Netz, das es derzeit für Wasserstoffautos gibt, könnten etwa 40 000 Fahrzeuge technisch versorgt werden. Auf den Straßen sind aber gerade einmal rund 9000 solcher Autos unterwegs.