Der Streit in der AfD nimmt kein Ende. Bernd Kölmel, Landeschef in Baden-Württemberg, wirft das Handtuch. Auch der Europaabgeordnete Joachim Starbatty zieht sich zurück.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die Alternative für Deutschland treibt auf die Spaltung zu. Immer mehr prominente Parteimitglieder haben angekündigt, die AfD zu verlassen. Am Dienstag erklärte Bernd Kölmel seinen Austritt und legte sein Amt als Vorsitzender des Landesverbands Baden-Württemberg nieder. Damit zieht er die Konsequenzen aus dem Parteitag am Wochenende in Essen. „Die Wahl von Frauke Petry zur ersten Parteivorsitzenden ist hierbei jedoch nur ein Beweggrund für meinen Austritt“, sagte Kölmel, der sich für die Wahl von Bernd Lucke stark gemacht hatte. „Die Art und Weise, wie der Parteitag abgelaufen ist, inklusive Buhrufen gegenüber Herrn Lucke, der sich seinerseits als fairer Verlierer gezeigt hat, zeigt mir deutlich, dass die Partei ihre Richtung und auch ihren Stil dramatisch verändert hat.“ Vor Kölmel hatten bereits die beiden Europaabgeordneten Joachim Starbatty und Hans-Olaf Henkel ihren Rückzug bekannt gegeben.

 

Ein erbitterter Streit

Dem Parteitag in Essen war ein monatelanger erbitterter Streit zwischen dem national-konservativen Lager und der liberal-konservativen Fraktion innerhalb der AfD voraus gegangen. Lucke und seine Anhänger zeigten sich entsetzt, über die Redebeiträge einiger Parteitagsbesucher, die von einer „Invasion von Asylanten“ sprachen und für Pauschalurteile über Muslime donnernden Applaus ernteten.

Kölmel kritisiert auch, dass viele Mitglider des national-konservativen Flügels in den Parteivorstand gewählten wurden und warnte vor einen Rechtsruck. „Von diesen Leuten fühle ich mich nicht repräsentiert“, erklärt Kölmel. Sein Mandat als Europaabgeordneter will er weiter ausüben.

Auch Starbatty zieht die Konsequenzen

Der Streit der vergangenen Monate hat auch Joachim Starbatty sichtlich entnervt. „Es ist nicht mehr meine Partei. Ich werde austreten“, sagt der Professor und zieht die Konsequenzen. Auch er nennt als Grund für den Rückzug die Niederlage Luckes in Essen. Die Partei habe einen rechtspopulitischen Kurs eingeschlagen, den er nicht mittragen könne, erklärt Starbatty. Den Zeitpunkt seines Rücktritts lässt der Tübinger Wissenschaftler offen. Mit sofortiger Wirkung legt er allerdings seine Parteiämter in der Programmkommission und als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats nieder. Seine aktive politische Zeit sei allerdings vorbei, versichert er – auch wenn es zur Neugründung einer Partei kommen sollte. Für die politische Kärrnerarbeit sei er zu alt, sagt der 75-Jährige. Er könne es sich aber vorstellen, als Berater und Vortragender weiter in die aktuellen politischen Diskussionen einzugreifen.

Noch steht in den Sternen, wie es mit der AfD weiter gehen wird. Parteigründer Bernd Lucke und seine liberal-konservativen Mitstreiter wollen in den nächsten Tagen mit einer Umfrage unter den Mitgliedern des von ihnen gegründeten Vereins „Weckruf 2015“ herausfinden, welche Strategie bevorzugt wird. Die Europaparlamentarierin Ulrike Trebesius sagte, man werde die Vereinsmitglieder fragen, „ob wir gemeinsam austreten sollen aus der AfD“. Weitere Alternativen wären die Gründung einer neuen, eigenen Partei, „oder wir gehen in der AfD in den Winterschlaf“.

Keine Chance auf Verständigung

Keine Chance gibt sie offensichtlich einer Verständigung mit der neuen Vorsitzenden Petry. Die hatte in ihrer Abschlussrede in Essen und später auch in einer E-Mail an alle Mitglieder ausdrücklich versucht, den Eindruck zu vermeiden, die Partei sei nun auf dem Weg ins rechts-populistische Lager. Trebesius, die Vorsitzende des von Lucke im Mai gegründeten „Weckruf“-Vereins ist, kommentierte Petrys Strategie mit den Worten: „Wer sich mit den Rechten ins Bett legt, darf sich nicht wundern, wenn er mit ihnen aufwacht.“

Auch Lars Patrick Berg, AfD-Landtagskandidat für Tuttlingen-Donaueschingen, zeigt sich angesichts der aufgeheizten Stimmung in Essen irritiert und verurteilt die „Schmährufe und unwürdigen Attacken auf Bernd Lucke“. Er glaubt trotz der Querelen jedoch an eine Zukunft der Partei. „In wenigen Wochen findet in Pforzheim der AfD-Landesparteitag statt. Es ist ein guter Zeitpunkt um Bilanz zu ziehen und uns für den Landtagswahlkampf geeint aufzustellen“, erklärt Berg.