Die Vertreter einer völkisch-nationalen Strömung in der Partei drängen in Baden-Württemberg auf die Liste zur Bundestagswahl. Das wird sogar in der eigenen Partei sehr kritisch gesehen.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die AfD schwimmt auf einer Erfolgswelle. Die Partei sitzt inzwischen in zehn Landtagen, in Baden-Württemberg ist sie die größte Oppositionspartei. Als nächstes großes Ziel wird nun der Einzug in den Bundestag vorbereitet. Längst ist es keine Frage mehr, ob die Alternative für Deutschland die Fünf-Prozent-Hürde überspringt, sondern, wie viele Abgeordnete sie nach Berlin schicken wird. Diese Aussicht auf gut dotierte Posten im Bundesparlament sorgt in der AfD nicht nur für eine gewisse Hochstimmung, sondern auch für einige Unruhe. Immer mehr Politiker melden sich zu Wort, die sich einen aussichtsreichen Platz auf einer der Kandidatenlisten ergattern wollen.

 

Schaulaufen der Bewerber

Ein Schaulaufen der Bewerber fand am Sonntag in einer Ludwigsburger Gaststätte statt. Dort traf sich der konservative Flügel der AfD. Hauptredner war der thüringische Landes- und Fraktionschef der AfD, Björn Höcke, der nach eigenen Aussagen seine „Überlegungen zur strategischen Ausrichtung der AfD“ vorgetragen habe. Er gilt als scharfzüngiger Vertreter der Strömung am rechten, völkisch-nationalen Rand der AfD, schwärmt von 1000 Jahren Deutschland und warnt vor dem „Einwanderermob“.

Keinen Flügel gegründet

Die Zusammenkunft in Ludwigsburg sei eher „privater Natur“ gewesen, erklärt Anja Markmann, AfD-Politikerin aus Heidelberg und die Initiatorin des Treffens. „Wir haben keinen konservativen Flügel gegründet“, dementiert sie anderslautende Gerüchte, es hätten sich lediglich die möglichen Bewerber für die Bundestagswahl vorgestellt. Und sie unterstreicht: „Wir haben dort sehr viele kluge Reden gehört.“ Diese Aussage wird allerdings selbst in der AfD in Zweifel gezogen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir deutlich bessere Leute haben“, urteilte eine Besucherin des Abends nach den Auftritten hinter vorgehaltener Hand.

Kopfzerbrechen in der AfD

Dass sich nun auch im Südwesten eine national-völkisch-konservative Strömung exponiert, scheint den Verantwortlichen der AfD in Baden-Württemberg Kopfzerbrechen zu bereiten. Denn die Partei ist nach dem monatelangen Streit, der Spaltung der Fraktion wegen antisemitischer Äußerungen des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon und der darauf folgenden Wiedervereinigung noch keineswegs gefestigt. Ein Kampf zwischen einem liberal-konservativen und einem völkisch-konservativen Flügel könnte die mit viel Mühe zugeschütteten Gräben wieder aufreißen.

Kritik aus der eigenen Partei

Lars Patrick Berg, AfD-Landtagsabgeordneter aus Tuttlingen, formuliert seine Kritik aus diesem Grund sehr vorsichtig, aber dennoch deutlich: „Ich gehe davon aus, dass qualifizierte und verantwortungsvolle Kandidaten ins Rennen gehen, für die die freiheitlich-demokratische Grundordnung und eine kraftvolle konservative Politik Grundlage ihres Handelns sind.“ Will sagen: radikale Kräfte sollen in der AfD nicht geduldet werden. Der Politiker zählt zu den moderaten Kräften innerhalb der Alternative für Deutschland und weiß, dass sich seine Partei durch einen erneuten internen Streit in eine gefährliche Situation bringen könnte.

Namen mit einem gewissen Klang

Es sei keine offizielle Bewerberliste angefertigt worden, sagt Anja Markmann, dennoch stehen nach dem Treffen in Ludwigsburg einige Namen als Baden-württembergische Bundestagskandidaten im Raum, die einen gewissen Klang haben. Zu diesen zählt etwa der Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic. Der AfD-Politiker hat eine engere Zusammenarbeit seiner Partei mit der „Identitären Bewegung“ gefordert. Die Gruppierung wird vom baden-württembergischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Ebenfalls in den Ring steigt Reimond Hoffmann, ein Höcke-Mann und Verehrer der Politik von Donald Trump, den er auf Facebook überschwänglich als Mann des Friedens preist.

Meuthen versucht zu schlichten

Jörg Meuthen, Fraktionsvorsitzender der AfD im Stuttgarter Landtag, war in dieser Sache zu keiner Stellungnahme zu bekommen. Er weilte in Berlin und gab dort eine Pressekonferenz, um eine Spendenkampagne der Partei für den Bundestagswahlkampf vorzustellen. Bei dieser Gelegenheit musste er sich aber auch zur Abgrenzung der AfD gegenüber dem rechten Rand äußern. Gefragt, wie es seine Partei mit den rechtsextremen „Reichsbürgern“ halte, sagt Meuthen verklausuliert: „Da gibt es sehr krasse Positionen, die lehnen wir radikal ab, es gibt moderate Positionen, die auf eine unbestimmte Rechtslage verweisen, darüber kann man reden.“ Erst auf Nachfrage wurde der AfD-Bundesvorsitzende etwas deutlicher. Wenn die „Reichbürger“ die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland infrage stellen würden, gelte in der AfD eine „solide Abgrenzung“.