Die Alternative für Deutschland sagt den etablierten Parteien den Kampf an und will drei Monate vor der Bundestagswahl richtig Gas geben.

Sindelfingen - Die Plätze im Nebenraum des Sindelfinger Restaurants Sonnenhof sind nahezu alle besetzt. Tür an Tür mit den Kegelbahnen der Gaststätte haben sich am Freitagabend Mitglieder und Sympathisanten der Alternative für Deutschland (AfD) dort versammelt, um einen Kreisverband

 

zu gründen. Jan Rittaler, der AfD-Landesschatzmeister, der schon zahlreiche Kreisverbände aus der Taufe gehoben hat, ist wieder einmal in seinem Element. Das Prozedere soll reibungslos und zeitlich effektiv über die Bühne gehen – und das tut es dann auch. Die Kandidaten für die zu vergebenden Posten hat Rittaler bereits in einer Excel-Tabelle erfasst. Lediglich bei der Wahl um die beiden Beisitzerplätze gibt es eine kleine Kampfabstimmung, weil sich drei Aspiranten gemeldet haben.

Langjähriges CDU-Mitglied verlässt die Parteifreunde

Die beiden Sprecher der AfD, Stefan Thien und Jörg Wittmaak, erhalten in der Versammlung ein einhelliges Votum. Mit markigen Aussagen überzeugen sie ihre Parteifreunde. Drei Monate vor der Bundestagswahl wollen sie „richtig Gas geben“.

Spontanen Applaus bekommt der Herrenberger Banker Stefan Thien mit der Bemerkung: „Es kann doch nicht angehen, dass eine Putzfrau mehr Steuern bezahlt als die Daimler-Bosse.“ Und der Renninger Jörg Wittmaak, der Inhaber eines Ingenieurbüros, der sich als ehemaliger CDU-Wähler outet, hat das „ständige taktische Geplänkel unserer Volksvertreter so satt, dass sich bei mir die Faust in der Tasche geballt hat“. So geht es nach eigenem Bekunden auch Harald Pfeiffer (41) aus Magstadt. „Ich bin im Jahr 2010 nach 23 Jahren aus der CDU ausgetreten“, sagt er.

Den Anlass für seinen Entschluss hätten die ständig neu gefassten EU-Verträge ergeben, in denen die Bundesregierung nationale Souveränität aufgegeben habe. Begonnen habe sein Unbehagen darüber schon mit dem Maastrichter Vertrag von 1992, durch den die Europäische Union (EU) endgültig als übergeordneter Verbund für die Mitgliedstaaten gegründet wurde. Die EU-Hörigkeit seiner Partei sei für ihn einfach zu viel gewesen, meint Pfeiffer. Dann berichtet er seinen neuen Parteifreunden, dass er einst für die CDU-Bundestagskandidaten Brigitte Baumeister und Clemens Binninger den Wahlkampf organisiert habe. Der künftige stellvertretende Sprecher ist bei einem Sozialversicherungsträger angestellt, Personalrat, ehrenamtlich in der Jugendhilfe tätig und möchte auch seine „sozialen Kompetenzen“ einbringen.

Als Wirtschaftsingenieur steigt bei der Kreis-AfD der Sindelfinger Winfried Meffert als zweiter stellvertretender Sprecher ein, der freiberuflich als Softwareberater arbeitet. Er stellt das „europäische Finanzsystem“ generell infrage. Das tun auch Klaus Davideit und Kai Platter, die zu Beisitzern ernannt werden. Nur der dritte Kandidat für einen Beisitzerposten, Frank Steinle, geht leer aus. „Ich bin gelernter Polizeibeamter und arbeite als Sterbebegleiter“, sagt der 46-Jährige. Im September sei er aber nicht im Lande, sondern auf Weltreise.