Bundesumweltminister Peter Altmaier und Politiker aus Niedersachsen haben sich auf Kernpunkte bei der Suche nach einem Atom-Endlager geeinigt. Es soll keine Castor-Transporte nach Gorleben mehr geben. Eine Enquete-Kommission stellt daneben Regeln auf, nach denen dann ein Endlager gesucht wird.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Gorleben - Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat sich zur Feier des Tages eine froschgrüne Krawatte umgebunden. Grüner geht es nicht, soll diese Farbsymbolik wohl bedeuten. Tatsächlich ist es ein urgrünes Anliegen, das Altmaier gemeinsam mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und dem Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) am Sonntag bis zur Entscheidungsreife gebracht hat: wie die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll im gesamtgesellschaftlichen Konsens organisiert werden kann. Darüber verhandeln Bund und Länder seit eineinhalb Jahren, aber ohne Ergebnis. Zuletzt blockierten der Streit über Gorleben und die Wahlkämpfe die Entscheidung.

 

Altmaier und die beiden Niedersachsen haben sich nun auf drei Kernpunkte geeinigt. Erstens soll – das war eine Idee von Greenpeace, die Weil und Wenzel aufgegriffen haben – eine Enquetekommission bis Ende 2015 Mindestanforderungen, Abwägungs- und Ausschlusskriterien für die Wahl eines Endlagers erarbeiten. Die Ergebnisse dieser Arbeit bilden – zweitens – die Grundlage, um die Regeln des Endlager-Suchgesetzes zu überprüfen. Mögliche Änderungen müssen von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Erst danach beginnt – dann auf veränderter gesetzlicher Grundlage – das weitere Standort-Suchverfahren. Drittens hat Niedersachsen durchgesetzt, dass es bis auf Weiteres keine Castortransporte nach Gorleben geben wird. Stattdessen müssen die abgebrannten Brennelemente in anderen Zwischenlagern untergebracht werden.

Festgefahrene Gespräche

Damit bestehen gute Chancen, dass die zuletzt festgefahrenen Gespräche über die Endlagersuche doch noch zum Erfolg werden. Allein im vergangenen Jahr sind die Gespräche nach einem Endlager-Suchgesetz zweimal an wahltaktischen Erwägungen gescheitert. Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2012 wollte die SPD dem damaligen Bundesumweltminister und NRW-Spitzenkandidaten Norbert Röttgen (CDU) einen Erfolg nicht gönnen. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013 waren besonders die Grünen darauf erpicht, ihre Gorleben-kritischen Wähler nicht vor den Kopf zu stoßen. Auch der mittlerweile zum Ministerpräsidenten gewählte Stephan Weil hat im Wahlkampf eine Endlagersuche, bei der der Salzstock Gorleben im Rennen bleibt, rigoros ausgeschlossen.

Deshalb grenzt es an ein Wunder, dass Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) vor die Presse treten und einen Durchbruch verkünden konnte. Altmaier hat dafür seit seinem Amtsantritt konsequent gearbeitet. Seine vertrauensbildenden Maßnahmen begannen, als er im vergangenen Sommer erst das marode niedersächsische Atomendlager Asse und wenige Wochen später Gorleben besuchte. Nur einen Tag nach der Niedersachsenwahl wagte er sich zu einer Podiumsdiskussion nach Lüchow in die Höhle des Löwen. Kaum war der neue Ministerpräsident Weil gewählt, machte Altmaier seinen Antrittsbesuch und versprach dem Land eine „Premiumpartnerschaft“ beim schwierigen Suchprozess. Nun waren Weil und sein grüner Umweltminister Wenzel in Berlin, um Nägel mit Köpfen zu machen.

Schlussberatungen am 7. April

Sie haben sich in Rekordzeit von ihrer ursprünglichen Forderung nach einem Ausschluss Gorlebens von der Endlagersuche verabschiedet. In ihrem Koalitionsvertrag heißt es „nur“ noch, dass Gorleben als Endlagerstandort ungeeignet sei und endgültig aufgegeben werden müsse – diese Formulierung erlaubt es, den Prozess der Endlagersuche weiterzuführen. Seit Weil und Wenzel regieren, gehen sie geschmeidig und konstruktiv mit dem Thema um. Schließlich zeigte sich Weil für vorbehaltlose Gespräche mit dem Bund offen und erklärte, Niedersachsen habe „kein Recht, sich aus dem Prozess einer ergebnisoffenen Suche auszuklinken“.

Damit ist es zum zweiten Mal ein neuer Ministerpräsident, der Bewegung in den Dauerstreit bringt. Der erste war Baden-Württembergs grüner Regierungschef Winfried Kretschmann. Er hat im Juli 2011, wenige Monate nach seinem Amtsantritt und kurz nach dem Beschluss zum Atomausstieg, die neue Suche nach einem Endlager angestoßen und dabei auch mögliche Standorte im Südwesten ins Gespräch gebracht. Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen griff das auf. Seither verhandeln Bund und Länder. Am 7. April sollen die Schlussberatungen stattfinden.