Der reguläre Literaturnobelpreis wurde dieses Jahr nicht verliehen: Die Schwedische Akademie war durch einen Skandal gelähmt. Die Initiative „Die Neue Akademie“ ist mit einem Crowdfunding-Projekt eingesprungen und hat die 81-jährige Maryse Condé geehrt.

Frankfurt a.M./Stockholm - Die französische Schriftstellerin Maryse Condé ist mit dem alternativen Literaturnobelpreis für ihr Lebenswerk geehrt worden. Sie nahm die mit rund 250 000 Schwedischen Kronen dotierte Auszeichnung am Sonntag in Stockholm entgegen. Die 81-Jährige wurde von der Initiative „Die Neue Akademie“ als eine große Erzählerin gewürdigt, deren Werk über die Gewalt des Kolonialismus und das Chaos danach zur Weltliteratur gehöre.

 

Die Auszeichnung „New Academy Prize in Literature“ wurde in diesem Jahr einmalig anstelle des Literaturnobelpreises vergeben. Die für den regulären Literaturnobelpreis verantwortliche Schwedische Akademie war wegen eines Skandals mit Belästigungs- und Korruptionsvorwürfen nicht abstimmungsfähig. Im kommenden Jahr will sie daher zwei Nobelpreise vergeben.

Eine Geschichte aus Mali

Das Preisgeld für die alternative Ehrung wurde über Crowdfunding gesammelt, das noch bis zum Sonntag lief. Zum Zeitpunkt der Preisverleihung am frühen Abend belief sich die gesammelte Summe auf der Website auf 252 766 Kronen (knapp 25 000 Euro). Der reguläre Literaturnobelpreis im vergangenen Jahr war mit neun Millionen Schwedischen Kronen dotiert.

Maryse Condé wurde als jüngstes von acht Kindern 1937 auf der Karibik-Insel Guadeloupe geboren. Die französischsprachige Autorin lebt heute abwechselnd dort und in New York. Für ihren 1984 erschienenen Roman „Segu - Die Mauern aus Lehm“ wurde sie vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Prix de l Académie Française“ und dem LiBeraturpreis, der an Autoren aus Afrika, Asien und Lateinamerika vergeben wird. Anregungen zu der Familien-Saga, die zugleich von Ethnien, Religionen und vom Untergang der Stadt Segu erzählt, hatte Condé, die viel in Westafrika unterwegs war, in Mali gesammelt.

Auch Neil Gaiman war im Rennen

Weitere Romane der promovierten Literaturwissenschaftlerin sind „Ich, Tituba, die schwarze Hexe von Salem“ (1986, dt. 1988), „Unter den Mangroven“ (1989, dt.1991) und „Insel der Vergangenheit“ (1997, dt. 2001). Condé schrieb auch Kinderbücher, Theaterstücke und zahlreiche Essays.

Der schwedische Alternativ-Preis zum Literaturnobelpreis wurde nur in diesem Jahr vergeben. Unter den Finalisten waren auch die Kanadierin Kim Thuy, der britische Fantasy-Autor Neil Gaiman und der japanische Schriftsteller Haruki Murakami, der seine Teilnahme allerdings zurückgezogen hatte. Die „Neue Akademie“ wollte sich nach der Preisverleihung wieder auflösen.