Die neue Altersversorgung werde ausgesetzt, verkündeten Grüne, CDU und SPD nach einem Proteststurm. Doch so einfach geht das gar nicht. Der Landtag müsse das Gesetz per neuem Gesetz stoppen, sagt die Landtagsverwaltung.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die umstrittene Neuregelung der Altersversorgung von Abgeordneten bereitet überraschend neue Probleme. Das von Grünen, CDU und SPD vorige Woche beschlossene Gesetz lässt sich nicht so einfach „aussetzen“, wie die drei Fraktionschefs das am Dienstag dieser Woche verkündet hatten. Dafür sei vielmehr ein abermaliger Beschluss des Landtags notwendig, sagte eine Parlamentssprecherin unserer Zeitung: „Es kann lediglich durch ein weiteres Gesetz verhindert werden, dass die Neuregelungen in Kraft treten.“ Der Ministerpräsident sei nämlich verpflichtet, einen ihm vom Landtag zugeleiteten Gesetzesbeschluss zu unterzeichnen. Anders als frühere Bundespräsidenten, die in Einzelfällen gezögert oder ihre Unterschrift verweigert hatten, hat er keinen eigenen Spielraum.

 

Damit erübrigen sich auch die Forderungen an Winfried Kretschmann, er solle auch die zweite Novelle des Abgeordnetengesetzes nicht in Kraft treten lassen. Mit dieser werden die Kostenpauschale und die Mittel für Mitarbeiter massiv aufgestockt. Die Grünen wollten angesichts des Proteststurmes auch diese Regelung aussetzen, konnten sich aber nicht gegen die CDU durchsetzen. Zur Begründung hieß es, vor allem die mögliche Rückkehr zur Staatspension habe Unmut erregt.

Abgeordnete lenken zähneknirschend ein

In den Fraktionen wird die Rechtslage dem Vernehmen nach teilweise anders gesehen. Zum Aussetzen sei kein weiterer Landtagsbeschluss nötig, hieß es. Allerdings hatte sich besonders der CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart bei der Neuregelung öffentlich wiederholt auf die Landtagsverwaltung gestützt. Es wäre daher schwer vermittelbar, dieser nun in der Frage des weiteren Vorgehens zu widersprechen.

Auf der Tagesordnung der nächsten Landtagssitzung am kommenden Mittwoch ist derzeit keine neuerliche Gesetzesänderung vorgesehen. Diese dürfte den Abgeordneten schwerfallen, weil ihr Rückzieher damit abermals dokumentiert wird; neue Kritik von FDP und besonders AfD wäre ihnen damit sicher. Etliche Parlamentarier haben inzwischen deutlich gemacht, dass sie die ursprünglich beschlossenen Änderungen nach wie vor für richtig halten und das Aussetzen nur zähneknirschend mittragen.

Reinharts fragwürdige Begründung

Die Eile bei der Verabschiedung der Reformen hatte der CDU-Vormann Reinhart mit dem parallel verabschiedeten Haushalt begründet. Es diene der „Klarheit und Wahrheit“, die Ausgaben transparent auszuweisen. Allerdings schlagen sich mögliche Pensionen noch gar nicht im Etat nieder; diese seien „im Voraus nicht bezifferbar“, hieß es im Gesetzesentwurf. Ein Sprecher Reinharts sagte, die Aussage habe sich auf die „etatisierbaren Bestandteile“ bezogen, also die höhere Kostenpauschale und die verdoppelten Mittel für Mitarbeiter. Den Vorhalt, dass es sich um eine versuchte Irreführung der Öffentlichkeit handelte, wies er zurück.