Nach heftigen Auseinandersetzungen über die Altersversorgung der Landtagsabgeordneten wollen Grüne, CDU und SPD einem Versorgungswerk beitreten. FDP und AfD halten Änderungen hingegen für überflüssig.

Stuttgart - Als die Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag 2008 mehrheitlich dafür stimmten, die staatliche Altersversorgung abzuschaffen, ahnten wohl nur wenige, wie sehr sie das bereuen könnten. Denn die Diäten wurden um etwa ein Drittel erhöht, zudem erhielt jeder Parlamentarier monatlich rund 1500 Euro, um sich fürs Alter abzusichern. Inzwischen sind es 1805 Euro. Man wolle sich der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung annähern, argumentierten damals die Befürworter des Systemwechsels.

 

Die Ernüchterung kam schnell. Im Zuge der Finanzkrise stürzten Aktienkurse und Zinsen ab, die versprochenen und erhofften Renditen blieben aus. Deshalb beschlossen die Abgeordneten Anfang 2017 nach intensiven Sondierungen bei anderen Parlamentariern, wieder zur staatlichen Pension zurückzukehren. Kurz nachdem die Pläne bekannt wurden, verabschiedeten sie auch schon das entsprechende Gesetz. In der Öffentlichkeit kam das nicht gut an – nach massiven Protesten wurde es wenige Wochen später wieder abgeschafft.

Empfehlung von Experten und Bürgerforum

Nun wollen Grüne, CDU und SPD, die damals die Rückkehr zur lukrativeren Staatspension betrieben, ein neues Modell auf den Weg bringen. Sie schlagen vor, dem Versorgungswerk beizutreten, das die Landtagsabgeordneten von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg vor Jahren ins Leben gerufen haben. Das hatten auch eine Expertenkommission und ein Bürgerforum empfohlen.

„Wir haben mit der voreiligen Beschlussfassung über die Rückkehr zu einer staatlichen Altersversorgung zweifelsohne einen Fehler gemacht“, räumte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Hans-Ulrich Sckerl, am Mittwoch bei der ersten Debatte über den neuen Gesetzentwurf im Landtag ein. Nun gehe es darum, eine angemessene und unabhängigkeitssichernde Altersversorgung sicherzustellen.

Der Entwurf sieht vor, dass die Abgeordneten weiterhin 1805 Euro monatlich für die Altersvorsorge erhalten. Das Geld fließt allerdings künftig in das Versorgungswerk. Zudem muss das Land 1,2 Millionen Euro an Beiträgen nachzahlen. Die Verwaltungskosten liegen bei etwa 185 000 Euro pro Jahr.

Langjährige Abgeordnete haben die Wahl

Die Regelung gilt für jüngere und künftige Abgeordneten, langjährige Parlamentarier können zwischen ihrer jetzigen Vorsorge und dem Versorgungswerk wählen. Zudem wird sichergestellt, dass bei Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung bisherige Ansprüche anerkannt werden.

Die „intensive, teils auch schrille Debatte“ habe sich nicht nur wegen des guten Ergebnisses gelohnt, erklärte CDU-Fraktionsgeschäftsführerin Nicole Razavi. „Sie hat uns auch die Chance gegeben, eine allgemeine Verständigung darüber zu schaffen, was uns ein fleißiges Parlament wert sein muss.“

Ihr SPD-Kollege Reinhold Gall sagte, viele Abgeordnete seien durch die bisher geltende Absicherung deutlich schlechter versorgt, als wenn sie in ihrem Beruf geblieben wären. Man wähle auch jetzt „nicht die für die Abgeordneten am vorteilhafteste Möglichkeit“, sondern diejenige, die das Bürgerforum vorgeschlagen habe.

Die FDP lehnt den Gesetzentwurf ab. Sie sehe keine Vorteile, erklärte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Es bringt zusätzliche Kosten für den Steuerzahler, und wir sehen, dass wir damit in ein System eintreten, bei dem andere das Sagen haben.“

AfD-Fraktionsvize Emil Sänze kündigte an, seine Fraktion werde das geplante Modell zurücknehmen, sobald sie die Mehrheit im Parlament habe. Abgeordnete sollten sich wie Bürger gesetzlich versichern.