Seit Jahren mahnen Bürger und Bezirksbeiräte, dass das Alte Rathaus in Stuttgart-Heumaden saniert gehört. Auch Stadträte haben Geld beantragt. Die Zeit drängt, denn ein wichtiges Ereignis naht langsam aber sicher.

Heumaden - „Richtig vergammelt!“ Brunhilde Hald ist 80 Jahre alt, aber wenn es um das Alte Rathaus in Heumaden geht, gerät sie in Rage. Seit 1998 verwalten sie und ihr Mann das städtische Gebäude ehrenamtlich, gewähren Gruppen Zutritt in die Vereinswohnung, pflanzen im Sommer Geranien in die Blumenkästen und schmücken das Haus im Winter mit Weihnachtsdeko. „Wir sind müde“, sagt Brunhilde Hald jetzt aber. Und damit meint sie: um weiter für eine Instandsetzung der Immobilie zu kämpfen.

 

Denn das denkmalgeschützte Fachwerkgebäude von 1683 ist in keinem guten Zustand. Ins Dach regnet es rein. Franz Hald (82) zeigt in der Küche zur Decke: Wasserflecken – und Schimmel. Wie in zwei anderen Räumen. Beim Gang ums Haus wächst der Frust der Eheleute. Der Putz bröckelt, an den Klappläden splittert die Farbe ab, die Fenster sind alt. „Das Haus ist überhaupt nicht isoliert“, moniert Brunhilde Hald. Dass das nicht so bleiben kann, finden nicht nur sie und ihr Mann. Im aktuellen Bürgerhaushalt landete die Sanierung auf Platz 64. Auch der Bezirksbeirat hat die Maßnahme für den Doppelhaushalt 2018/19 beantragt – abermals. Der Fortbestand des Hauses sei wegen der schlechten Bausubstanz akut infrage gestellt. „Je länger zugewartet wird, desto teurer wird diese Sanierung“, heißt es in der Stellungnahme. Nicht nur deswegen drängt die Zeit. Im Jahr 2020 wird Heumaden sein 900-jähriges Bestehen feiern. Dabei soll das Alte Rathaus eine zentrale Rolle spielen. Die Vereine wünschen sich im Untergeschoss ein Heimatmuseum, ein Antrag auf Nutzungsänderung liegt bereits im Rathaus.

Im Bürgerhaushalt auf Platz 64 gekommen

Unter diesem Eindruck drücken auch einige Stadträte aufs Gas. Vier Fraktionen haben in den laufenden Beratungen für den Doppelhaushalt 2018/19 die Rettung des Gebäudes aufs Tapet gebracht. Die SÖS/Linke-plus fordert eine „umfassende Sanierung“ des für Heumaden „sehr wichtigen Gebäudes“ und damit 700 000 Euro, die CDU und die Grünen haben sogar 760 000 Euro für 2018 beantragt, und die Freien Wähler haben sich immerhin mehr Infos über den Sanierungsaufwand und mögliche Kosten erbeten. Beate Schiener, die Grünen-Betreuungsstadträtin, hat sich zudem dieser Tage selbst ein Bild vom Zustand des Gebäudes gemacht und Fotos geschossen. „Zumindest hätte ich gern noch mal eine Untersuchung“, sagt sie. Eigentlich stünden alle Fraktion dahinter, dass etwas gemacht werden sollte.

Auf der roten Liste der Etat-Verwaltungsvorschläge steht das Alte Rathaus erwartungsgemäß nicht, denn bislang hat sich die Verwaltung stets ablehnend geäußert, zuletzt in der Bürgerhaushalt-Stellungnahme. „Eine Generalsanierung des Gebäudes ist weder notwendig noch vorgesehen“, heißt es dort, stattdessen werde das Haus schrittweise aus dem laufenden Bauunterhaltungsbudget ertüchtigt. Überdies sei „im Rahmen der Substanzerhaltung jüngst die Dichtigkeit des Daches wieder hergestellt“ worden. „Das stimmt doch gar nicht!“, entfährt es Brunhilde Hald. Nur zu etwa zwei Dritteln sei das schadhafte Dach vor einiger Zeit geflickt worden, in diesem Sommer sei ein Zimmermann mit Mustern da gewesen für den Rest, gemacht habe der aber bislang nichts. „Ich habe das Anfang November beim Liegenschaftsamt angemahnt.“

Eine Kostenschätzung geistert herum – doch woher?

Die Halds sind am Ende ihrer Geduld. Sie fühlen sich stiefmütterlich behandelt. Seit 2011 geistert die Kostenschätzung von 650 000 Euro für eine Sanierung durch Stuttgart. „Wir wissen nicht, wo die Zahl herkommt“, sagt Brunhilde Hald. In der Antwort auf einen interfraktionellen Antrag des Bezirksbeirats Sillenbuch schrieb der Erste Bürgermeister Michael Föll Mitte 2016, dass „lediglich eine oberflächliche Schadensuntersuchung“ vorgenommen worden sei. Im selben Brief ist von „erheblichen substanziellen Mängeln“ die Rede, zudem sei davon auszugehen, dass weitere Mängel vorlägen.

Zumindest da sind sich Brunhilde Hald und die Verwaltung einig. „Unser Wunsch wäre, dass endlich mal jemand Kompetentes rauskommt und sich alles anschaut.“