Der lokale Handel erkennt in der Gesetzesverschärfung allerdings keinen Wettbewerbsnachteil.

Stuttgart - Seit einem Monat gilt: Die Deutschen dürfen ihre ausgedienten Elektrogeräte beim Händler abgeben – vorausgesetzt, das Geschäft hat 400 Quadratmeter Verkaufsfläche für Elektrogeräte. Verbraucherschützer ziehen eine erste Bilanz, die nicht gerade glänzend ausfällt.

 

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat 45 Unternehmen getestet und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Händler: „Die Mehrheit informiert die Verbraucher nicht oder fehlerhaft, erschwert die Rückgabe alter Geräte durch zusätzliche Kosten, lange Wartezeiten und einen hohen Packaufwand oder nimmt sie gar nicht zurück.“

Gegen Ikea und Amazon geht die DUH bereits vor, beide Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück. Auch bei der Verbraucherzentale Nordrhein-Westfalen sind schon Beschwerden eingegangen. Zum Beispiel habe jemand eine Waschmaschine bestellt und der Lieferdienst habe das alte Gerät nicht mitnehmen wollen, sagt Umwelt-Experte Philip Heldt. Andere Beschwerden seien nicht berechtigt gewesen, etwa weil das Geschäft zu klein und damit nicht zur Rücknahme verpflichtet gewesen sei. Bei den Verbraucherschützern in Baden-Württemberg gab es dagegen noch keine Klagen. Man werde das Thema aber im Auge behalten, heißt es von der Verbraucherzentrale im Land.

Kundenfreundliche Regeln für Kleingeräte

Zurücknehmen müssen Händler kleine Geräte bis 25 Zentimenter Kantenlänge auch ohne einen Neukauf. Für größere Waren gilt der sogenannte 1:1-Umtausch – der Kunde kauft eine Spülmaschine und gibt die alte zurück. Das Ziel des Gesetzes ist, die Sammelquote für Elektroschrott zu erhöhen. Die jüngsten Zahlen des Umweltministeriums sind von 2013, da lag die Quote bei 43 Prozent. Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass es 2019 schon 65 Prozent sein sollen. Kommt denn schon mehr an bei den Recycling-Firmen? Das sei nach so kurzer Zeit noch nicht festzustellen, sagt Klaus Müller, Vizepräsident des Bundesverbands für Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE).

Vor allem Online-Händler hatten das neue Elektrogesetz kritisiert, da bei ihnen statt der Verkaufsfläche die Regalfläche entscheidet, ob sie Elektroschrott annehmen müssen. „Es herrscht weiter höchstes Unverständnis über das Gesetz, wer betroffen ist, wie man reagieren, was man anbieten muss“, sagt der Präsident des Bundesverbands Online-Handel, Oliver Prothmann. Problematisch seien die kleinen Geräte: „Hier soll sich plötzlich ein Händler mit Produkten beschäftigen, die er selber teilweise nicht verkauft.“

Die Umwelthilfe fordert den Handel auf, besser zu informieren und sich ans Gesetz zu halten, kritisiert aber auch das Gesetz an sich – vor allem die Regelung mit den 400 Quadratmetern: „Der Kunde müsste nun mit einem Maßband das Ladengeschäft vermessen, um sein Rückgaberecht durchzusetzen.“

Bislang wurde oft freiwillig zurückgenommen

Der Handel selbst sieht kein Problem. Etwa 9000 größere Geschäfte nähmen schon seit Jahren freiwillig Elektrogeräte zurück, als Service für die Kunden, sagt Kai Falk vom Handelsverband Deutschland (HDE). Daher sei eine Veränderung nach so kurzer Zeit auch schwer messbar. Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des HDE im Südwesten verweist auf hohe Dokumentationspflichten für die Händler. Mit den neuen Regeln habe man kein Problem, sagt sie, wohl aber mit der damit einhergehenden Bürokratie. Regionale Händler sehen die Lage entspannt. Man nehme Altgeräte „anspruchslos zurück“, sagte etwa André Bruhn, Geschäftsführer des gleichnahmigen Elektro- und Hausgerätehändlers mit Stammsitz in Stuttgart. Das praktiziere man „schon seit Jahren so“. Dabei komme es nicht auf das neu gekaufte Gerät an. Wenn etwa ein Kunde eine Waschmaschine kaufe, aber im Gegenzug einen Staubsauger oder eine Spülmaschine zurückbringen wolle, sei das kein Problem, sagte Bruhn. Aus Kulanzgründen nehme man sogar große Elektronikartikel zurück, die gar nicht im eigenen Sortiment sind. Die Waren liefen in denselben Entsorgungskreislauf ein. Der Service für den Kunden sei also möglich. Der Waschmaschinenspezialist Möck aus Stuttgart nimmt Geräte ebenfalls kostenlos zurück, stellt für den Transport aber 15 Euro in Rechnung. Allerdings ist das Unternehmen von den neuen Regeln nicht betroffen, da seine Verkaufsfläche unter der gesetzlichen Mindestgrenze von 400 Quadratmetern liegt.

„Das Thema Altgeräte-Entsorgung war schon immer eine Basis-Dienstleistung des Fachhandels in unserer Branche“, heißt es in der Ditzinger Zentrale von Euronics, dem mit mehr als 1700 Händlern größten Elektronikverbund in Deutschland. Mit dem neuen Gesetz habe man sich schon viele Monate im Voraus beschäftigt und alle relevanten Informationen für die Mitgliedsunternehmen aufbereitet. Man rechne mit „keiner großen Veränderung im Kundenverhalten durch die neuen Regelungen“.